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NR Melanie Erasim (SPÖ) und die Fake-News.

Begleitet von einem mehr als erklärungsbedürftigen Demokratieverständnis.
Ein Kommentar von Birgit Medlitsch.

Der Inhalt der 42 Zettel, auf denen Günther Ogris (ehemals SORA) Ideen für die SPÖ zusammengefasst und am 25. September dem Bundesparteiobmann der SPÖ, Andreas Babler, lt. einer Sprecherin der SPÖ – zumindest in Teilen – präsentiert hat, dürfte auch den Weg zu Nationalrätin Melanie Erasim (SPÖ) aus Rabensburg gefunden haben. Speziell das, was auf den Zetteln Nummer 36 und 26 steht, dürfte es ihr angetan haben. Denn bei diesen geht es speziell um Kinder, um Bildung und um einen Konflikt, den es zu schüren gilt, nämlich jenem zwischen „arm“ und „reich“.


Quelle: exxpress.at (Präsentation von Günther Ogris, ehemals SORA Institut, für Andreas Babler, SPÖ)

Quelle: exxpress.at (Präsentation von Günther Ogris, ehemals SORA Institut, für Andreas Babler, SPÖ)

Freier Zugang zu Bildung für alle Kinder.

Die Nationalratsabgeordnete der SPÖ, Melanie Erasim, macht genau das, was auf diesen zwei Seiten empfohlen wird. Am 26. September 2023 schreibt sie auf ihrer für jeden öffentlich sichtbaren Facebook-Seite: „Vorbereitungen für den heutigen Unterrichtsausschuss, bei dem wir wieder einmal das Recht auf Bildung für alle Kinder sowie den freien Zugang dazu in den Fokus stellen!“


Quelle: Öffentliche Facebook-Seite der NR Melanie Erasim (SPÖ)

Gibt es das nicht schon?

Das Recht auf Bildung ist in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union geregelt, und zwar in Teil II Freiheiten Artikel 14: Recht auf Bildung:

1. Jede Person hat das Recht auf Bildung sowie auf Zugang zur beruflichen Ausbildung und Weiterbildung.
2. Dieses Recht umfasst die Möglichkeit, unentgeltlich am Pflichtschulunterricht teilzunehmen.

Charta der Grundrechte der Europäischen Union. Teil II Freiheiten Artikel 14: Recht auf Bildung.

Offenbar ist dies der NR Melanie Erasim (SPÖ) nicht oder nur unzureichend bekannt.

Ich schreibe einen Kommentar.

„Ich wüßte jetzt nicht, dass es Probleme in Bezug auf „Recht auf Bildung für alle Kinder“ gibt. Wo sind die jetzt ganz genau? Der freie Zugang zu Bildung ist ebenfalls gesichert. Für den Besuch von Grundschulen, höheren Schulen sowie Universitäten muss man ja nichts bezahlen. Offenbar wird hier von einem „Problem“ gesprochen, das keines ist.“

Die Antwort von NR Melanie Erasim (SPÖ) erstaunt mich.

„Liebe Birgit, es freut mich wenn dich und dein Umfeld Bildungsarmut nicht betrifft. Dennoch ist es bittere Realität für über 100.000 armutsgefährdete Kinder in Österreich. Da gibt es keinen Schreibtisch zum Aufgabemachen, keinen Laptop, kein Internet zum Recherchieren, keine Nachhilfe, keinen Skikurs, kein warmes Bett und oft leider keinen vollen Magen. Weißt du, mit Hunger lernt man halt nicht so gut! Auch die Anschaffung der Schulmaterialien stellt für Viele eine fast nicht stemmbare Herausforderung. Also freue dich, dass es dir so gut geht, dass du es dir leisten kannst die ÖVP zu unterstützen, ich will gleiche Bildungschancen für alle Kinder in Österreich, egal wie arm oder reich ihre Eltern sind und werde mich auch weiter mit voller Kraft dafür einsetzen!“

Jetzt einmal ganz abgesehen von den Fehlern im Bereich der Groß- und Kleinschreibung sowie der mangelhaften Interpunktion – was ist denn das für eine Art der Kommunikation?

„Weisst du, mit Hunger lernt man halt nicht so gut!“

Ich bin doch mit Melanie Erasim nicht per Du.
Ich bin viel älter als diese Frau.
Dieses Erklären, als wäre ich ein kleines dummes Kind, ein Herunterputzen des Fragenden, das ist ja unglaublich.

Ein Affront sondergleichen.

Und dann noch: „Also freue dich, dass es dir so gut geht, dass du es dir leisten kannst die ÖVP zu unterstützen,…“
Wo unterstütze ich jetzt die ÖVP? Was hat die ÖVP mit meiner Frage und meinem Kommentar zu tun?
Ich habe darauf aufmerksam gemacht, dass der Zugang zu Bildung jedem Kind möglich ist.
Ich bin schon sehr erstaunt über derartig viel Überheblichkeit und Provokation.


Quelle: öffentliche Facebook-Seite der NR Melanie Erasim (SPÖ)

Der Fakten-Check.

Melanie Erasim (SPÖ) schreibt von Bildungsarmut und von über 100.000 armutsgefährdeten Kindern.

Laut der Untersuchung EU-SILC, die in allen Staaten der EU jedes Jahr durchgeführt wird, sind in Österreich 1.314.000 Personen armuts- oder ausgrenzungsgefährdet. 316.000 davon sind Kinder im Alter von 0 bis 17 Jahren (Seite 72). Wer aufgrund dieser Studie aus welchen Gründen als armuts- und ausgrenzungsgefährdet gilt, habe ich in einem meiner anderen Artikel ausgeführt.

Dann schreibt Melanie Erasim (SPÖ) weiter: „Da gibt es keinen Schreibtisch zum Aufgabemachen, keinen Laptop, kein Internet zum Recherchieren, keine Nachhilfe, keinen Skikurs, kein warmes Bett und oft leider keinen vollen Magen.“

Telefon, Internet und PC.

In der Studie EU-SILC können wir unter anderem etwas über die Lebensbedingungen für Kinder bis 17 Jahren nachlesen. Unter anderem, dass in 99% der Haushalte mit Kindern in diesem Alter ein Internetzugang vorhanden ist. Auch verfügen 99% über ein Mobiltelephon oder einen Festnetzzugang. 95% der Haushalte mit Kindern im Alter von 0-17 Jahren verfügen über einen PC.

Die über 100.000 Kinder, die laut Erasim über kein Internet und über keinen Laptop verfügen, die konnte ich in der Studie, in welcher es speziell um Armuts- und Ausgrenzungsgefährdung geht, nicht finden.

Eine Frage nach konkreten Zahlen.

Jemand anderes wagt dazu noch eine Frage an Melanie Erasim (SPÖ) zu stellen:

„Das interessiert mich jetzt: Wie viele Kinder haben kein Internet? Wie viele Kinder haben keinen Computer? Wie viele Kinder haben nicht jeden 2. Tag eine warme Mahlzeit? Sie müssen es ja wissen, …“



Darauf bekommt er keine Antwort.
Und kurz darauf löscht Melanie Erasim alle Kommentare ausser diesem hier:



Wissen und Kompetenz sehen anders aus.

Das, was wir in dem Post gesehen und gelesen haben, ist reiner Populismus, der von faktenbasiertem Wissen schon weiter entfernt ist. Wenn man über angeblich nicht vorhandene Infrastruktur und IT-Ausrüstung in Haushalten mit Kindern schreibt, sollte man dies auch mit entsprechenden Daten belegen.

Abgesehen davon, dass sie fordert, Bildung müsse frei sein, obwohl diese bereits frei ist, selbst aber den 4-semestrigen berufsbegleitenden FH-Universitäts-Lehrgang „Politische Kommunikation“ in den Jahren 2007 bis 2009 besucht hat, der aktuell 14.900 Euro kostet, und damit einen Master of Science erworben hat. Das kann sich auch nicht jeder leisten. Übrigens hat diesen FH-Lehrgang zur selben Zeit auch Andreas Babler besucht.

Fehlendes Demokratieverständnis.

Ja, dieses und mangelndes Wissen um die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, sowie mangelnde Diskussionsbereitschaft kann man ihr durchaus vorwerfen, wenn sie die Antworten von Bürgern der Republik Österreich löscht. Fragen zum Thema sind offenbar nicht willkommen. Korrekturen ihrer falschen Aussagen noch weniger. Aber vielleicht ist ihr auch klar geworden, dass sie es hier mit Menschen zu tun hat, die das eine oder andere hinterfragen oder besser wissen als sie.

Melanie Erasim, die auch eine der Stellvertreterinnen von Sven Hergovich ist, stammt aus Rabensburg, einer Gemeinde im nordöstlichen Niederösterreich. Seit 1996, also bereits 27 Jahre, ist Rabensburg eine Sanierungsgemeinde. Der Bürgermeister von Rabensburg, Wolfram Erasim, ist der Vater von Melanie Erasim. Laut der Website der Gemeinde Rabensburg ist er HAK-Professor a.D. Von einer Arbeiterfamilie ist Melanie Erasim daher etwas weiter entfernt.

Bei der letzten Landtagswahl kandidierte Melanie Erasim auf Platz 15 im Wahlkreis 12/Mistelbach und bekam 187 Vorzugsstimmen. In Rabensburg selbst hat die SPÖ bei der letzten Landtagswahl 2023 massiv an Wählern eingebüßt. Bekam sie 2018 noch 46,92 % der Stimmen, waren es 2023 nur noch 36,25 %. Die FPÖ hat bei der Landtagswahl 2023 die SPÖ mit 37,68 % der abgegebenen gültigen Stimmen überholt und liegt jetzt auf Platz 1. (Bei der Landtagswahl im Jahr 2018 erzielte die FPÖ in Rabensburg 20,94 %.)

Die Antwort ist einer Nationalrätin nicht würdig.

Die Frechheit, die mir seitens Melanie Erasim in ihrer Antwort geboten wurde, ist einer Nationalrätin nicht würdig, schon gar nicht, wenn diese sogar einen MSc im Bereich „Politische Kommunikation“ erworben hat. Im Gegensatz zu ihr komme ich nämlich aus einer Arbeiterfamilie. Meinen Vater habe ich nur arbeitend gekannt, entweder zuhause beim Bau des Hauses oder in der Arbeit mit Überstunden und auf Montage. Damit Geld ins Haus kommt. Für die Kinder. Damit die es einmal besser haben. Damit die maturieren und studieren können. Dafür haben sich meine Eltern eingeschränkt und ihre Bedürfnisse zugunsten der Kinder zurückgesteckt. Mein Vater hatte lange Zeit keine Winterjacke. Er hat einfach mehrere Pullover übereinander angezogen. Wir hatten kein Auto. Es gab während meiner Kindheit nur 2x oder 3x sehr günstigen Urlaub in Österreich. Unsere Kleidung hat meine Mutter genäht. Und unser Gemüse und Obst haben meine Eltern im Garten kultiviert. So wie meine Eltern habe ich Sparsamkeit in meinen Genen.


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Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Horst Bühringer

    Herzlichen Dank für solche Recherchen und Berichte!

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