Anläßlich der Gemeinderatswahl 2020 habe ich alle Parteien, die in Hohenau an der March kandidieren, um ein Interview gebeten.
Nach einigem hin und her und vielen Fragen, erklärt sich die ÖVP zum Interview via Chat im Facebook Messenger bereit. Wer von den Kandidaten oder dem Vorstand das Interview gegeben hat, wollte man mir nicht mitteilen.
„Mir ist die anonyme Antwort lieber“, ließ man mich während des Interviews wissen, als es um eine eher persönliche Frage ging.
Noch immer keine Gesunde Gemeinde.
Schon vor einem Jahr, vor dem Rücktritt des früheren Bürgermeisters, forderte die Volkspartei den Beitritt Hohenaus zu „Gesunden Gemeinde.“ Nur in etwa 1 Euro pro Person und Jahr soll diese Mitgliedschaft kosten.
Dieses Projekt konnte mit dem früheren Bürgermeister nicht umgesetzt werden.
Nun finde ich diese Forderung in der aktuellen Aussendung wieder. Hat sich hier etwas getan – nach dem Bürgermeisterwechsel vor rund einem Jahr? Ich frage nach. „Nein“, sagt der Sprecher der Hohenauer Volkspartei, und weiter: „nichts Neues zu diesem Thema.“ Das finde ich etwas verwunderlich. Man hätte ja die Chance nach dem Bürgermeisterwechsel nutzen und dieses Vorhaben noch einmal in einem Gespräch angehen können. Das wäre in die Zuständigkeit des Gesundheitsreferenten, GR Gerhard Bartosch (Spitzenkandidat der VP Hohenau), gefallen.
Auf meine Nachfrage meint der Sprecher der ÖVP: „Uns ist kein neuerliches Gespräch bekannt. Es wurde leider 2019 im Gesundheitsausschuß nicht neuerlich behandelt, um einen adäquaten Antrag zu stellen.“
Naja, der Gesundheitsreferent hätte dies aber einfach auf die Tagesordnung des Gesundheitsausschusses setzen können, denke ich.
Der Bernsteinpark und die Hohenauer Wirtschaft.
Die Grünen kritisieren, dass durch die neuen Unternehmen im Bernsteinpark die ansässigen Betriebe in Hohenau massiv unter Druck kommen. Ich frage bei der Volkspartei nach. Der Sprecher der Volkspartei Hohenau meint dazu: „Der Bernsteinpark ist sicher eine Bereicherung. Man kann so ziemlich alle Einkäufe, was Lebensmittel betrifft, im Ort erledigen, was für unsere überaltete Bevölkerung sicher gut ist. Natürlich haben die bestehenden Geschäfte, gerade nach der Eröffnung des Bernsteinparkes, etwas Umsatzeinbußen gehabt, aber mittelfristig betrachtet werden Billa, Penny oder Bipa weiterhin ihre Umsätze machen, und sind sicher nicht auf der gefährdeten Liste, also dass sie in naher Zukunft zusperren müssen. Uns ist zumindest dazu nichts bekannt.“
Also Billa, Penny und Bipa werden es – ob ihres grossen Filialnetzes – sicher ganz gut verkraften, sollten sie Umsatzeinbußen haben. Da mache ich mir auch keine Sorgen. Nur: was ist mit den anderen Unternehmen, nämlich Zoo Böhm, Fahrrad Böhm, Schnäppchenhimmel, Sport & Mode Gaby, Copyshop und Natascha Böhm, Farben Malcsik, Bäckerei Römer, Bäckerei Bauer, Blumen Schimek, Blumen Lang, Uhren & Schmuck Fiedler, Brillenoptik Kernreiter, Red Zac Elektrotechnik, um nur einige zu nennen. Verkraften die das auch so gut? Da hängt nämlich mehr dran, da geht es bei manchen um die Existenz, wenn der Umsatz um 20% einbricht.
Unterschiedliche Auswirkungen auf ansässige Unternehmen.
Ich habe bei einigen nachgefragt. Die Auswirkungen der neuen Geschäfte sind sehr unterschiedlich. Abhängig vom Angebot der jeweiligen kleineren Unternehmen hat man Umsatzeinbußen oder Umsatzgewinne zu verzeichnen. Umsatzgewinne dort, wo es geringe Überschneidungen mit dem Sortiment der grossen Unternehmen im Bernsteinpark gibt. Denn hier konnten, da nun mehr Menschen aus den benachbarten Gemeinden und Orten nach Hohenau zum Einkaufen kommen, neue Kunden gewonnen werden.
Andere kleine Unternehmen, die ein ähnliches Sortiment haben wie die grossen Märkte im Bernsteinpark, haben mit Umsatzeinbußen zu kämpfen. Dies obwohl man teilweise Artikel günstiger als in den großen Geschäften anbieten würde.
Wirtschaftspark am Agrana-Gelände.
Um die Pendlerquote zu sinken, sollen neue Arbeitplätze geschafft werden. Darum möchte die ÖVP, dass ein Wirtschaftspark auf einem Teil des Agrana-Geländes errichtet wird. Die Agentur ecoplus des Landes Niederösterreich fördert und begleitet solche Projekte, und soll mit ins Boot geholt werden.
Ich frage nach, wie man dieses Projekt konkret angehen möchte. Dazu die ÖVP: „Wir wollen gemeinsam mit diesen Fachleuten der ecoplus und dem Eigentümer Agrana eine entsprechende Standortentwicklung ausarbeiten und entsprechend umsetzen. Es werden sicherlich auch Anpassungen in der Infrastruktur notwendig sein, zum Beispiel Zufahrtswege.“
Mit Agrana noch nicht gesprochen.
Jetzt wäre es interessant zu wissen, ob jemand von der ÖVP bereits mit der Agrana bezüglich der Flächen gesprochen hat, und zu welchem Preis diese erworben werden können. Der Sprecher der ÖVP meint: „Nein. Das sehen wir als Vorhaben für die nächsten Jahre, und ist auch abhängig davon, ob wir das entsprechende Votum erhalten, mit der Agrana in Verhandlungen zu gehen.“
Meine Frage, ob es schon von Seiten der ÖVP Gespräche mit ecoplus gegeben hätte, um abzustecken, welche Möglichkeiten der Umsetzung oder Herangehensweise es gibt, beantwortet die ÖVP so: „Wir haben vorab Informationen eingeholt, aber in konkreten Verhandlungen sind wir noch nicht, da wir ja noch nicht abschätzen können, inwieweit wir die Vollmacht/Befugnis haben werden, im Namen der Gemeinde Hohenau hier in Verhandlungen zu treten.
Meine weiteren Fragen zu ecoplus werden dann leider nur noch mit den Inforomationen beantwortet, die man auch auf der Homepage von ecoplus findet.
Jeder kann einen Wirtschaftspark errichten.
Ich habe ein wenig recherchiert. Jeder kann einen Wirtschaftspark errichten. Sie, liebe/r Leser/in, ich, irgendein Unternehmen, wirklich jeder. Und es gibt verschiedene Modelle der Struktur in Bezug auf Eigentum und Miete, sprich die Unternehmen, die sich dort ansiedeln, können die Eigentümer sein, oder ein anderes Unternehmen, das dann die Objekte vermietet, also ein Investor. Die Unternehmen dort können ihre Objekte selbst bauen und ein Eigentumsrecht daran haben, oder sie mieten sich in Objekte ein, und so weiter. Es bedarf dafür keines Votums der Gemeinde. Natürlich müssen verschiedene Maßnahmen, wie zum Beispiel die Infrastruktur betreffend, mit der Gemeinde abgestimmt werden. Aber kaum eine Gemeinde wird zu einem Wirtschaftspark, egal, wer diesen „betreibt“ oder initiiert, nein sagen, sofern dafür keine zusätzlichen Flächen versiegelt werden müssen, ein Großteil der Infrastruktur schon vorhanden ist, und etliche Arbeitsplätze in der Gemeinde geschaffen werden. Die einzige Schwierigkeit liegt darin, Unternehmen zu finden, die sich in Hohenau ansiedeln möchten.
Sanierung von Wasserleitungs- und Kanalsystem.
Eine Forderung, die die Volkspartei Hohenau schon lange hat. Schon vor 5 Jahren hat die ÖVP hier sehr deutlich aufgezeigt, woran es liegt, dass unser Wasser so stark chloriert werden muss, und dass dies nur durch eine komplette Sanierung des gesamten Wasserleitungssystems behoben werden kann. Leider ist hier seitens der Gemeinde noch immer nichts unternommen worden.
Mittlerweile mehren sich die Stimmen aus der Bevölkerung, die das stark chlorierte Wasser kritisieren.
Diese Kritik hört man auch von der Hohenauer FPÖ und von den Grünen Hohenau.
Hier sind sich alle drei Oppositionsparteien einig.
Die ÖVP meint in ihrer Aussendung, bei 60 Wasserrohrbrüchen im Jahr würde sich eine Generalsanierung auf jeden Fall mittelfristig rechnen. Mich interessiert, was so eine Sanierung kosten würde. Hierzu meint der Sprecher der ÖVP: „Ich will hier keine Zahlen nennen, weil das Thema einer Ausschreibung ist, und von der Laufzeit (Durchlaufzeit) des Projektes abhängig ist.“
Die Sanierung der Wasserleitung ist nicht ausgeschrieben.
Ich habe nachgefragt. Die Sanierung der Wasserleitung ist nicht ausgeschrieben. Hier irrt der Sprecher der Volkspartei Hohenau. Soweit ist es nämlich noch lange nicht. Im Augenblick läuft eine Ausschreibung zur Erstellung des Leitungskatasters.
Bürgermeister Wolfgang Gaida spricht in diesem Zusammenhang von nur 5 Wasserrohrbrüchen im Jahr 2019 und meint dazu: „Eine Sanierung der Trinkwasserleitung und des Kanalsystems kann nur abschnittsweise vorgenommen werden, und wir werden das angehen. Vorerst wird aber in diesem Jahr ein Leitungskataster erstellt, damit klar ist, wo Wasser- und Kanalleitungen genau verlaufen.“
ÖVP fordert neutralen Jugendtreff.
In ihrer Zeitung fordert die Volkspartei einen neutralen Ort für Jugendliche. Es wäre nicht gut, dass viele von ihnen auf der Gasse unterwegs sind, und sich an öffentlichen Plätzen treffen würden. Politisch „unbelastet“ soll dieser Ort sein, und abtanzen sollen sie dort können. Das muss ja jetzt keine Diskothek sein, denke ich, es kann ja auch eine eigene Räumlichkeit sein, also nur für die Jugendlichen. Ich frage nach. „Es könnte auch eine Diskothek sein. Die jungen Leute wollen bedient werden, sich nicht alles selber richten müssen.“ heisst es seitens des Sprechers der Volkspartei Hohenau.
Die junge Leute möchten bedient werden.
Ich kann mich an meine Jugend erinnern. Da waren wir die ganze Zeit draussen, auf der Strasse, am Kellerberg oder sonstwo unterwegs. Meist mit dem Fahrrad. Und als wir älter waren, durften wir auch in die Diskothek fahren, nach Palterndorf oder Altlichtenwarth oder Hausbrunn. Den Gedanken, dass wir „bedient“ werden wollten, kenne ich aus meiner Jugend nicht. Man kann es auch so machen, dass man schon als Jugendlicher lernt, wie man sich etwas eigenes schafft und Verantwortung übernimmt. Mit anderen gemeinsam ist das sicher ein prägendes Erlebnis. Aber gut: vom „Hotel Mama“ in die Diskothek, wo man bedient wird, geht natürlich auch. Ich würde gerne einmal mit den Jugendlichen sprechen, weil ich mir nicht vorstellen kann, dass sie diese Wünsche so geäußert haben. (***)
Ich frage nochmals nach, was die Diskotheken und die Lokale vor Ort betrifft. Dazu meint die ÖVP: „Das B49 wäre eine Möglichkeit, aber da fühlen sich die Jungen anscheinend nicht wohl. Wir haben beobachtet, sie treffen sich vor der Tür, plaudern eine Weile und gehen nach dem Treffen weiter. Im Atrium sieht man auch keine Jugendlichen. Die Disco in Palterndorf gibt es nicht mehr, auch in Altlichtenwarth nicht mehr, und für Hausbrunn hört man, dass das Rathausstüberl überlegt zuzusperren.“
Es scheint wirklich schwierig zu sein, eine aus Sicht der ÖVP neutrale Location zu finden. Und es wäre natürlich wünschenswert, wenn diese in Hohenau wäre. Vielleicht ergibt sich ja etwas in den bestehenden Gastronomielokalen, ich denke da zum Beispiel an die Bar im Keller vom Atrium. Aber das ist nur so eine Idee.
(***) Gerade habe ich drei Jugendliche getroffen, und mit ihnen spontan über dieses Thema gesprochen. Die Zusammenfassung dieses Gespräches finden Sie demnächst in einem gesonderten Blog. Weitere Gespräche mit Jugendlichen sind in Planung. Es geht nämlich um eines: zuhören und nachfragen.
Die Themen der Volkspartei Hohenau.
Im Zuge meiner Recherchen habe ich mich sehr intensiv mit den Themen beschäftigt, die auf Plakaten und in den Aussendungen der wahlwerbenden Parteien zu finden sind. Hier habe ich schon einige Themen vermisst. Bei der ÖVP hätte ich mir mehr zu den Themen Fachärzte, Zahnarzt, Stärkung der Nahversorger erwartet. Besonders die Themen Umwelt und Klima und „mehr Grün“ haben mir gefehlt. Ich frage bei der Volkspartei nach: Sind diese Themen nicht so wichtig, oder: warum wurden sie nicht kommuniziert?
Der Sprecher der Volkspartei meint dazu: „Man wird nie immer jede Erwartungshaltung vollständig treffen. Diese Themen sind sehr wohl wichtig, aber es wird Ihnen auch klar sein, dass zu viele Slogans, zu viele Forderungen einer Plakat-Wahlwerbung nicht zuträglich sind.“
Den Grünen den Weg frei gemacht.
Ich finde es schade. Gerade weil ja jetzt auch die Grünen in Hohenau zur Gemeinderatswahl antreten, und schon in der Vergangenheit die Volkspartei auf Bundesebene diese „grünen“ Themen sträflich vernachlässigt hat. Auch sehe ich die Volkspartei als die Partei, die sich der Unternehmer und auf kommunaler Ebene der Nahversorger annimmt, man denke nur an die Aktion „nah.sicher“ der ÖVP Niederösterreich. Was den Wunsch nach Fachärzten und einen Zahnarzt in Hohenau betrifft, wäre diese zwar eine „alte“ Forderung, aber deswegen nicht hinfällig. Ich darf hier nur an die Bedürfnispyramide nach Maslow erinnern: an erster Stelle stehen physiologische Bedürfnisse: das Bedürfnis nach Leben, also Überleben und Gesundheit.
10 Bäume für mehr Grün in Hohenau.
Im Herbst gab es die Baum-Aktion der Jungen Volkspartei. Diese wurde auch in Hohenau umgesetzt und auf Facebook von der Volkspartei Hohenau dokumentiert. Hier interessiert mich, wo diese Bäume gesetzt wurden. „Die Bäume wurden auf Privatgrundstücken in Gärten und auf privatem Grund am Kellerberg gesetzt. Es ging uns darum, den Ort zu begrünen und darum, etwas mehr an Schattenspendern und Sauerstoff-Lieferanten in Hohenau zu haben.“ meint der Sprecher der ÖVP.
Persönliche Maßnahmen zum Klima- und Umweltschutz.
Auch der anonyme Sprecher der Volkspartei achtet auf Klima und Umwelt: „Ich versuche lokal einzukaufen. Produkte aus der Region, aus unserer Heimat. Wenn ich auf Geschäftsreisen bin, überprüfe ich, ob es auch möglich ist, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu reisen.“ Ich frage nach, ob er direkt beim Bauern einkauft. „Ja“, meint er. Meine später gestellte Nachfrage, bei welchen Bauern er einkaufen würde, beantwortet er nicht. Eine gesonderte spätere Nachfrage beim Spitzenkandidaten wird ebenfalls abgeblockt. Das Interview wäre vorbei, meint er.
Neuer Bürgermeister – alles gut?
Persönlich habe ich in letzter Zeit den Eindruck gewonnen, dass die Stimmung im Rathaus besser ist als früher. Auch seitens der Bevölkerung scheint es positive Signale zu geben. Und so frage ich, wie das die ÖVP sieht. Macht Wolfgang Gaida es besser als sein Vorgänger? Dazu meint der Sprecher der Volkspartei: „Was Wolfgang Gaida sicher besser macht ist, dass er umfassender informiert, zum Beispiel bei Gemeinderats-Sitzungen. Der ÖVP ist natürlich auch aufgefallen, dass die Mitarbeiter mit Bürgermeister Wolfgang Gaida besser „können“ als mit Robert Freitag.“
Keine Äußerung zu den anderen Parteien.
Zu den Plakaten, Aussendungen oder Themen der anderen Parteien möchte sich der Sprecher der Volkspartei Hohenau nicht äußern.
Ich bedanke mich beim anonymen Sprecher der Volkspartei Hohenau für das Interview.