You are currently viewing Die Kinderfreunde.

Die Kinderfreunde.

  • Beitrags-Autor:

Ein kleiner Krimi auf Wikipedia (und anderswo).

Aktuell wird medial darüber berichtet, dass „Die Kinderfreunde“ 2,4 Millionen „Corona“-Fördung aus dem NPO-Fond erhalten hätten.
Die Wiener Zeitung berichtet unter anderem: „Der bei Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) angesiedelte NPO-Fonds wurde im Frühjahr 2020 eingerichtet, um gemeinnützige Vereine und andere Non-Profit-Organisationen durch die Corona-Krise zu bringen. Parteien und ihre „Teilorganisationen“ sind explizit vom NPO-Fonds ausgeschlossen, was aber nicht automatisch auch parteinahe Organisationen umfasst.
Somit wären auch die Österreichischen Kinderfreunde davon ausgeschlossen und müßten diese 2,4 Millionen Euro zurückbezahlen.

Nun rücken verschiedene Personen sowohl aus dem Bereich der Kinderfreunde als auch aus der SPÖ aus, um „klarzustellen“, dass die Kinderfreunde keine Teilorganisation der SPÖ wären. Soweit. Sogut.

Dazu kommt aber noch ein interessantes Detail, nämlich der Eintrag über die Kinderfreunde auf Wikipedia.

Vorher.

Bis zum 27. Juni 2022, 8:37 lautete der Eingangstext folgendermaßen:

„Die Österreichischen Kinderfreunde – Bundesorganisation“ sind eine österreichische Interessensvertretung von Kindern und Famlien. Der Verein wurde 1908 auf Privatinitiative in Graz, 1917 auf Reichsebene gegründet und 1921 in die Sozialdemokratische Partei eingegliedert. Er ist heute eine Vorfeldorganisation der Sozialdemokratischen Partei Österreichs. (Quelle: Wikipedia.de)

Dann erfolgt eine Änderung durch einen Wikipediander, der eine erstaunliche Namensgleichheit zu einem Mitarbeiter der Kinderfreunde hat. Was aber noch nicht bedeutet. Denn als Wikipedia-Autor kann man sich ja auch irgendeinen fiktiven Namen aussuchen.

Nachher.

Der Eintrag auf Wikipedia sieht dann so aus: (Quelle: Wikipedia)

„Die Österreichischen Kinderfreunde – Bundesorganisation sind eine österreichische Interessensvertretung von Kindern und Familien. Der Verein wurde 1908 auf Privatinitiative in Graz, 1917 auf Reichsebene gegründet und 1921 in die Sozialdemokratische Partei eingegliedert und war bis 2021 eine sogenannte Vorfeldorganisation der Sozialdemokratischen Partei Österreichs. Im August 2021 haben die Kinderfreunde auf ihren Status als nahestehende Organisation der SPÖ und aller damit einhergehenden Rechte und Pflichten auf allen Ebene verzichtet. Der Verein begreift sich dennoch als Teil der ArbeiterInnenbewegung und bekennt sich zu seinen sozialdemokratischen Wurzeln und Werten.“

Hier können Sie die Versionsgeschichte direkt nachlesen.

Am Spannendesten ist die Diskussion im Hintergrund.

Es entsteht eine Diskussion zwischen dem Autor dieser Änderungen und einem anderen Wikipedia-User:
Denn: auf Wikipedia gilt der Grundsatz:

„Wikipedia-Artikel sollen nur überprüfbare Informationen aus zuverlässigen Publikationen enthalten.“

Und daher muss man, wenn man einen Artikel korrigiert, redigiert, umschreibt oder ergänzt, das, was man schreibt, auch belegen können.

Aber damit, also mit dem Belegen, hat der Autor ein Problem.

He3nry bittet den Autor: „Würdest Du bitte für die Statutänderung einen Beleg beibringen. Thx“

Daraufhin meint der Autor:
„Hi! Die Statuten wurden nicht verändert, da dieser Status nie im Statut verankert war. Es handelt sich um einen Beschluss des Kinderfreunde Vorstands, welcher der SPÖ zur Kenntnis gebracht wurde. Kann ich ein Vorstandsprotokoll als Beleg angeben?“

He3nry schreibt daraufhin:
„Das ginge nur, wenn es online wäre. Ich kann auf der Webseite das Statut nicht finden?? Und, so wie Du es formuliert hast, „war bis 2021 eine..“ steht da nichts von „informell“. Die Formulierung passt noch nicht,“

Und jetzt antwortet der Autor wie folgt:
„Hi! Wieso informell? Die Frage, ob eine Organisation Vorfeldorganisation der SPÖ ist, ist bei keiner der Vorfeldorganisation im Statut geregelt. Es ist quasi eine Entscheidung der SPÖ, wem sie diese Rechte und Pflichten zuerkennt. Das hat die SPÖ bei den Kinderfreunden gemacht, diese haben aber seit August 2021 darauf verzichtet bzw. der SPÖ mitgeteilt, dass sie zukünftig keine Delegierten und Vorstandsplätze mehr beschicken werden. Das ist der große Unterschied zu „Teilorganisationen“, etwa den SPÖ Frauen oder der Jungen Generation. Die Vorfeldorganisationen sind immer eigenen Vereine und quasi Experten, die man sich einlädt und die daher Delegierte zu Konferenzen oder in Vorständen haben. Aber ich hab gerade bei den Kinderfreunden angefragt, ob sie das irgendwo zb in einer Mitgliederzeitung veröffentlicht haben. Das ist ein wenig kompliziert, aber gerade darum find ich wichtig, dass hier das klar formuliert wird. In Zeiten wie diesen mit den neuen Parteigesetzen kommt man da ansonsten schnell in Teufels Küche….“

He3nry gibt auf: „Mache das mal. Ich habe in der Sache praktisch keine Ahnung, aber Du siehst, wo die Unklarheit im Text (auch in Deiner Version) hinführt :-)“

Haben Sie das gelesen, was der Autor schreibt? Besonders den letzten Satz?

„In Zeiten wie diesen mit den neuen Parteigesetzen kommt man da ansonsten schnell in Teufels Küche…“

Hier können Sie die Diskussion direkt nachlesen.

Wenn ich mir die gesamte Argumentation des Autors durchlese, bin ich mir nicht mehr so sicher, dass dieser ausserhalb von Kinderfreunden oder SPÖ steht. Da ist sehr viel Insiderwissen vorhanden. Wir müssen uns schon überlegen, wer ist denn dieser Autor. Was weiss er? Welche Einblick hat er? Denn seine Argumentation lässt eine gewisse – sagen wir – Verbundenheit oder Kenntnis von Interna vermuten.

Übrigens: jeder kann sich als Autor bei Wikipedia registrieren, Artikel schreiben oder ändern und sich natürlich auch an Diskussionen wie dieser beteiligen.

Schreibe einen Kommentar