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Der Skandal, der keiner ist.

Oder: wie SPÖ-Sven einem Verein „auf den Leim geht“.
Ein Kommentar von Birgit Medlitsch.

Gross ist seit vorgestern die Aufregung in der SPÖ Niederösterreich und seitens Sven Hergovich. Aus ganz normalen Vorgängen bei der Finanzierung von wichtigen Gemeindevorhaben wird ein Skandal gemacht. Warum, ist nicht ganz klar, für uns absolut unverständlich. Diverse Medien haben die Presseaussendung und diese eigenartige Information durch die SPÖ und Sven Hergovich übernommen. Teilweise ohne bei Bürgermeisterin Margit Göll nachzufragen, wie zum Beispiel die NÖN, die das unterlassen und somit die journalistische Sorgfaltspflicht mißachtet hat.

Wir haben mit Margit Göll gesprochen und viele Informationen bekommen, die uns sehr nachdenklich machen, was die Vorgangsweise der SPÖ betrifft.

100%-ige ÖVP-Gemeinde.

Seit 2010 ist Margit Göll Bürgermeisterin von Moorbad Harbach. Damals hat sie von einem SPÖ-Bürgermeister eine überschuldete Konsolidierungsgemeinde übernommen. Diese hat sie nicht nur saniert sondern auch weitere Projekte umgesetzt, wie zum Beispiel die flächendeckende Glasfasernetzanbindung.

Seit 2015 sind im Gemeinderat ausschließlich ÖVP-Gemeinderäte vertreten. Dies liegt daran, dass bei den Gemeinderatswahlen 2015 und 2020 weder SPÖ noch UBL kandidiert haben. Nur: in Ruhe arbeiten können die Gemeindevertreter deshalb noch lange nicht.

Verein agiert gegen die Gemeinde.

Der Verein harbach.info – Verein zur Förderung der Meinungsfreiheit und des Informationsaustausches ist seit 2020 im Zentralen Vereinsregister (ZVR 1900564422) zu finden. Der Obmann des Vereins war früher einer der Gemeinderäte der UBL (Unabhängige Bürgerliste) in Moorbad Harbach, genauso wie der Kassier des Vereins.

www.harbach.info

Die Website des Vereins ist sehr umfangreich. Grafiken werden gezeigt, Gemeinderatsprotokolle veröffentlicht, und kritisiert, sehr viel kritisiert. Für uns ist es sehr interessant, dass jemand, der sich offenbar aus der Gemeindepolitik zurückzieht, nicht mehr aktiv mitgestalten möchte und nicht mehr zur Wahl kandidiert, einen Verein gründet, um diesen ausschließlich dafür zu nützen, die Gemeindevertretung zu kritisieren. Offenbar meint man auch, die Gemeinde(vertreter) kontrollieren zu müssen, sagt uns Bürgermeisterin Margit Göll im Interview.

Hergovich übernimmt Vereinsmeinung.

Von einem Finanzskandal ist da die Rede, auf der Website des Vereins. Wir können diesen „Skandal“ beim besten Willen nicht nachvollziehen. Im kommunalen Bereich werden derart grosse Projekte wie in Moorbad Harbach immer durch Darlehen finanziert. Das ist so üblich. Welche Gemeinde hat schon ein paar Millionen auf der Seite? Zusätzlich gibt es dann noch verschiedene Förderungen, meistens vom Land Niederösterreich, die man aber erst später bekommt, wodurch man dann die Kreditsumme reduzieren kann. Dass Sven Hergovich, der sich selbst als Ökonom bezeichnet, hier einfach Informationen eines Vereines übernimmt, spricht nicht für ihn als Landesrat und sein Wissen um Finanzierungen im kommunalen Bereich.

Verein verzögert Bauvorhaben.

Viele der Bauvorhaben, die jetzt umgesetzt werden, waren bereits seit längerem projektiert. Durch das Agieren des Vereines, der zum Beispiel eine Bürgerbefragung forderte, wurde die Realisierung zeitlich massiv verzögert. Das wirkte sich natürlich auch auf den Zeitpunkt der Kreditaufnahme aus, der nun zur Zeit von hohen Zinsen erfolgen musste.

Es scheint fast so, als hätten Sven Hergovich und die SPÖ bewußt nach einer ÖVP-Gemeinde gesucht, die gerade wichtige, schon lange anstehende Vorhaben umsetzt, und nun auch mit der aktuellen Lage am Finanzmarkt zurecht kommen muss. Obwohl – da wurde wohl nur in den Reihen der ÖVP-Bürgermeister gesucht.

Die Doppelmoral von Sven.

In einer Presseaussendung der Volkspartei Niederösterreich lässt Bundesrat Matthias Zauner aufhorchen: „Warum ermöglicht Hergovich die Aufnahme von variablen Krediten in SPÖ-Gemeinden?“ Weiter informiert er: „Erst zu Beginn des Sommers hat Hergovich eine variable Darlehensaufnahme einer SPÖ-geführten Gemeinde in Höhe von 3,2 Millionen Euro als Akt in die Landesregierung eingebracht.“
Nun, das finden wir jetzt extrem spannend. Leider wird nicht verraten, um welche Gemeinde es sich handelt.

Andere Gemeinden.

Bei unseren Recherchen sind wir auf SPÖ-geführte Gemeinden gestoßen, die auf ihrer Website Gemeinderatsprotokolle, Voranschläge und Nachtragsvoranschläge nicht veröffentlichen. Dabei regelt § 84 der NÖ Gemeindeordnung die Veröffentlichung im Internet folgendermaßen: „Der Rechnungsabschluß inklusive aller Beilagen ist außerdem zeitnah an die Beschlußfassung in einer Form im Internet zur Verfügung zu stellen, die eine weitere Verwendung ermöglicht.“ Was den Voranschlag und den Nachtragsvoranschlag betrifft, heisst es unter § 73 (5) wie folgt: „Der Voranschlag inklusive aller Beilagen ist zeitnah an die Beschlußfassung in einer Form im Internet zur Verfügung zu stellen, die eine weitere Verwendung ermöglicht.“ Wir sind doch etwas erstaunt, dass einige Gemeinden diese gesetzlichen Normen nicht so ernst nehmen.

Nachtragsvoranschlag der Gemeinde Himberg.

Die Gemeinde Himberg liegt im Süden von Wien, Bürgermeister und Vizebürgermeister sowie 14 weitere Gemeinderäte stammen aus den Reihen der SPÖ. Im Voranschlag für das Jahr 2023 und im Nachtragsvoranschlag 2023 finden sich auf den Seiten 255-258 zahlreiche Kredite, alte, neue und solche, die gerade oder in Kürze aufgenommen werden. Natürlich werden diese, so wie in Moorbad Harbach auch, nicht für irgendwelchen Firlefanz aufgenommen, sondern für notwendige Projekte in der Gemeinde. Und hier finden sich mit Start im Jahr 2023 fünf Kredite, die mit variablen Zinsen (das erschließt sich aus dem Zusatz „euribor6m“ und „euribor3m“) geplant sind.


1. Nachtragsvoranschlag 2023 der Gemeinde Himberg. Quelle: Website der Gemeinde Himberg

Neue Kredite mit variablen Zinsen in Himberg.

Und weil ja die SPÖ Niederösterreich und Sven Hergovich die Bürgermeisterin Margit Göll deshalb massiv attackieren, und aus einem ganz normalen Finanzierungsvorgang im kommunalen Bereich einen Skandal machen, darf man sich schon fragen, warum in Himberg anscheinend ganz aktuell Kreditverträge mit variablen Zinsen abgeschlossen werden.

Aber da ist die Niederösterreichische SPÖ ganz leise.
Da hört man nichts – von der SPÖ und von Sven Hergovich.
Warum wohl?

Demnächst lesen Sie hier: Das Interview mit Bürgermeisterin Margit Höll.

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