Wie gehen wir mit anderen um?
Und wie mit denen, die nicht mehr sind?
Ein Kommentar von Birgit Medlitsch.

Gestern hat mich eine liebe Freundin gefragt, ob es mir auch so vorkommt, dass die Stimmung und die Menschen zunehmend aggressiver werden. Ich hab mir gedacht – ja. Und manchmal mache ich dann auch mit. Ich steige ein in die Spirale von Wut, Zorn und Hass. Nicht so wie manch‘ anderer es tut, der dann Worte und Formulierungen verwendet, die nicht nur grenzwertig sondern teilweise auch justiziabel sind. Aber doch – es macht etwas mit mir. Die Aggression der anderen.

Es ist dann nicht leicht, sich zurückzunehmen, 10 Schritte zurückzugehen, zu reflektieren, zur Ruhe zu kommen und auf die eigene Psychohygiene zu achten. Denn – diese Aggression und die Spirale, in der man sich dann unweigerlich wiederfindet, schadet einem selbst. Nicht nur psychisch sondern auch physisch, also körperlich.

Aber  nicht genug, was man an bösen Worten im Netz findet. Die Reaktion mancher Personen auf das plötzliche Ableben von Christian Pilnacek hat dem allen eine neue Dimension gegeben.

Die Tweets einiger Twitteranten aus dem politisch linken Spektrum sind teilweise derart widerwärtig, dass ich sie hier nicht replizieren möchte.

Ich sammle diese Äußerungen, die an Widerwärtigkeit kaum zu übertreffen sind. Für später einmal. Irgendwann werde ich diese hier veröffentlichen. Damit man sieht, wie sie sind, diese speziellen Damen und Herren.

Wenn man selbst einen Angehörigen oder Freund durch Suizid verloren hat, weiss man, wovon ich hier schreibe. Eine Freundin, sie hat ihren Bruder durch Suizid verloren, hat mir heute geschrieben. Und sie möchte, dass ich es veröffentliche.

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Ich bin so entsetzt über die Pietätlosigkeit. Diese geschmacklosen Tweets sind für mich wie ein Stich ins Herz. Egal, wie man zu jemandem politisch steht, aber dass ich dann drauf herumhacke.

Als ich meinen Bruder verloren habe, also ich wüßte nicht, was ich gemacht hätte, wenn jemand öffentlich in dieser Art und Weise über ihn geschrieben hätte. Ich wüßte nicht, was ich dann gemacht hätte.

Und so pietätlos, wie manche Menschen sein können. Ich verstehe das nicht. Ich verstehe das einfach nicht. Ich wollte heute schon etwas schreiben: dass man einmal an die Hinterbliebenen denken muss. Ich bin bis heute nicht darüber hinweggekommen. Es ist so traurig. Und dann agiert jemand derart pietätlos. Mir tut der Mensch so furchtbar leid. Die Angehörigen tun mir leid. Und es ist so traurig, dass er das als einzigen Ausweg gesehen hat. Wenn es soweit kommt, da muss man sehr verzweifelt, am Ende sein, keinen anderen Ausweg mehr für sich sehen.

Und wenn dann so gehässige Kommentare geschrieben werden, das zerreisst mich innerlich.

Wie gottlos sind die Menschen? Wie kalt? Mir geht das so nahe, wenn sich jemand das Leben nimmt.

Und dann gehen diese Personen auch noch her und wollen wissen, was der Verstorbene mit S.K. am abend am Telephon besprochen hat. Mein Bruder, der ist noch mit Freunden unterwegs gewesen. Gut gelaunt und lustig. Und eine halbe Stunde später war er tot. Man kann da nicht hineinschauen in den Menschen.

Und das geht nicht, dass man so etwas macht, derart über jemanden schreibt.
Das ist menschenverachtend.
Empathielos.
Ich weiss nicht: mir fehlen die Worte.

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Sollten wir nicht alle einander achten?
Sollten wir nicht alle aufeinander achten?
Oder haben wir auch das bereits an den Staat delegiert, so wie vieles andere auch?

Im Jahr 2021 starben 1.099 Menschen durch Suizid.

Statistisch gesehen entscheiden sich in Österreich jeden Tag drei Menschen aus dem Leben zu scheiden.
Menschlich gesehen sind das jeden Tag drei Menschen zu viel.

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