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Eine aktuelle Studie von Market für den Standard.

Oder: Warum Allgemeinbildung für Marktforscher und Journalisten so wichtig ist.

Ein Kommentar von Birgit Medlitsch.

Gerade hat Julia Herr (SPÖ) einen Screenshot des standard.at getwittert.
Darauf ist eine Grafik mit Ergebnissen einer Studie zu sehen, die Market für den Standard durchgeführt hat.
Julia Herr ist begeistert, weil laut dieser Studie 57% der Befragten möchten, dass Minister der SPÖ in der Regierung vertreten sein sollen.

Bildquelle: Twitter, Screenshot des Tweets der NR-Abgeordneten Julia Herr.

Nun denn. Man muss sich die Frage, die gestellt wurde, ganz genau ansehen.

Sie lautete:

„Für die Bildung einer Regierung sind ja zumindest zwei Parteien nötig; welche Parteien sollen mit Ministern in der Regierung vertreten sein, welche Parteien sollen Ihrer Meinung nach nicht in der Regierung vertreten sein.“

Ist es Ihnen aufgefallen?

Wo steht geschrieben, dass für die Bildung einer Regierung zumindest zwei Parteien nötig sind?

Herr Beutelmeyer, was ist los in Ihrem Institut?
Und was ist da beim Standard los, der ja die Studie beauftragt hat?

Wenn man schon das B-VG nicht kennt, dann sollte man zumindest diese Daten im Kopf haben:
1966-1970: ÖVP Alleinregierung
1970-1971: SPÖ-Minderheitsregierung
1971-1983: SPÖ Alleinregierung.

Weiss man das nicht bei Market und beim Standard?

Normalerweise bekommt der Auftraggeber den Fragebogen übermittelt, bevor die Feldarbeit (also die Befragung) beginnt. Der Auftraggeber prüft diesen und gibt ihn frei. Hat man beim Standard die Frage nicht genau gelesen, oder gibt es einen anderen Grund, warum hier schon im ersten Satz eine Falschinformation an die zu Befragenden kommuniziert wurde?

Und noch etwas: wieviele Parteien durften die Befragten jeweils nennen? Zwei oder eine oder mehrere? Dies ist leider nicht klar. Lediglich aus der Summe der Zahlen könnte man schließen, dass man auch alle 5 nennen konnte, also dass z.B. alle fünf in der Regierung vertreten sein sollten oder auch keine von diesen fünf vertreten sein sollten.
Ich hätte den Fragebogen anders gestaltet und hätte die Frage in Erstnennung und Zweitnennung gesplittet und die Falschinformation am Beginn der Frage natürlich weggelassen.

Als akademisch geprüfte Markt- und Meinungsforscherin mit jahrelanger Praxis und als freie Journalistin würde mich schon interessieren,
wer heutzutage im Bereich der Marktforschung oder in Redaktionen arbeitet, wer für diesen konkreten Fragebogen zuständig war, und ob Allgemeinbildung heutzutage noch überprüft wird, oder ob es reicht, wenn die Ergebnisse passen.

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Jaja

    Ich habe schon bei solchen online Befragungen von Market mitgemacht. Die Kombination der Antworten ist begrenzt und deuten schon darauf hin,auf welches Ergebnis man kommen wollen würde können.;-)
    Zudem wird die Zielgruppe der Befragten oft eng begrenzt ( Alter, Jugendliche, Wohnort…..) was man ja soll oder manchmal muss.
    Mir ist aufgefallen,dass es für Leute zwischen 50 und 60 kaum noch Fragen gibt.

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