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Die Reise in die Welt der Unwissenheit. (Teil 2)

Oder: Wenn der Wald nicht zählt. Die Letzte Generation und ihr „Wissen“.
Ein Kommentar von Birgit Medlitsch.

Um etwas zu fordern, muss man nichts wissen.
Man muss nur so tun.


Die „Letzte Generation“ fordert die Einhaltung der Klimaziele.
Gleichzeitig kann sie mit den Begriffen nicht umgehen und weist grosse Wissenslücken auf.

Der CO2-Ausstoß werde gemessen.
Man wisse aber nicht genau wie.
Nein, der Ausstoß wird berechnet.

Man echauffiert sich über das hohe CO2-Äquivalent im Bereich der Energie in Niederösterreich.
Von der einzigen Raffinerie in Schwechat hat man offenbar noch nichts gehört.

Man möchte die Klimaneutralität erreichen.
Was Netto-Emissionen sind, scheint aber nicht so bekannt zu sein.

Was an Emissionen „gebunden“ wird, ist angeblich so gering, dass es nicht ins Gewicht fällt.
Es wäre gut, würde man sich hier über die Grösse des Waldes und seine Leistung schlau machen.

Rückblick.

Im 1. Teil meiner Reise in die Welt der Unwissenheit hat man mir seitens der „Letzten Generation“ erklärt, der CO2-Ausstoß würde gemessen werden. Das stimmt natürlich nicht. Der CO2-Ausstoß wird berechnet. Weiters meinte man, man würde aber nicht so genau wissen, wie das gemessen wird, und ich solle die Frage an Wissenschaftler und nicht an Aktivisten stellen. Ich wurde mehrmals auf einen Link der aktuellen Presseaussendung verwiesen, nämlich zum Klima-Dashboard.

Brutto- und Netto-Emissionen.

Dieses Klima-Dashboard zeigt den Ausstoß von einzelnen Treibhausgasen, von CO2 und dem CO2-Äquivalent (siehe Teil 1). Nun frage ich nach, ob diese Zahlen brutto oder netto zu verstehen sind. Meine Frage erntet Unverständnis. Die Pressesprecherin fragt, was ich mit netto und brutto meine. Ich erkläre das: „Brutto ist der Ausstoß. Netto ist das, was übrigbleibt, wenn man die Assimilation vom Ausstoß abzieht, also das, was „gebunden“ wird, wird vom brutto abgezogen.“

Assimilation soll kaum relevant sein.

Und jetzt überrascht mich die Sprecherin der „Letzten Generation“ wirklich, als sie meint:
„Das, was gebunden wird, das ist so klein, also so wenig, dass das kaum relevant ist.“ Und weiter meint sie „Also der Ausstoß ist ja so hoch […] und das, was gebunden wird, aktuell, ist so wenig, dass es kaum ins Gewicht fällt.“

Presseaussendung.

Und da lese ich die Presseaussendung der „Letzten Generation“ noch einmal. Dort steht:
„Als flächengrößtes Bundesland mit dem größten Wind- und Sonnenenergiepotential bleibt Niederösterreich weit hinter seinen eigenen Klimavorgaben zurück und hat gerade im Energiesektor den mit Abstand höchsten CO2-Ausstoß pro Kopf. Um geltende Verträge und internationale Abkommen einzuhalten, wäre österreichweit mindestens die doppelte Anstrengung nötig.“

Wenn man von geltenden Verträgen und internationalen Abkommen spricht und schreibt, und sogar deren Einhaltung fordert, sollte man diese auch kennen. Und spätestens dann, wenn man diese kennt, weiss man auch, was mit brutto und netto gemeint ist. Man weiss, was mit Klima-Neutralität bis 2050 gemeint ist, und was das Netto-Null-Ziel bedeutet.

Geltende Verträge und internationale Abkommen.

Mir fällt da einiges ein: die Klimarahmenkonvention UNFCCC (1992), das Kyoto Protokoll (1997) und das Pariser Abkommen. Das Pariser Abkommen ist das Ergebnis der Klimaschutzkonferenz im Dezember 2015. Es ist quasi die Nachfolge des Kyoto-Protokolls. Es wurde im Juli 2016 vom Österreichischen Nationalrat ratifiziert und trat am 4. November 2016 in Kraft.

Netto-Null-Ziel.

Eines der Ziele im Rahmen des Pariser Abkommens ist es, die Nettoemissionen auf Null zu reduzieren. Man geht davon aus, dass dies notwendig ist, um die globalen Temperaturen zu stabilisieren. Und dass jedes Szenario, welches keine Reduktion auf Null beinhaltet, den Klimawandel nicht aufhalten würde. Dieses Ziel wurde von der Schweiz, der EU und vielen anderen Staaten im Rahmen des Pariser Abkommens ratifiziert.

Pariser Abkommen.

Die Staaten haben sich also verpflichtet, die globalen Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2050 auf netto-null zu reduzieren. Das heisst vereinfacht ausgedrückt, es darf nicht mehr ausgestoßen werden, als möglich ist zu assimilieren oder sonstwie mittels (neuer) technischer Möglichkeiten aus der Luft zu „entfernen“.

Dann ist das doch nicht so wenig, was da „gebunden“ wird.

Da denke ich mir, das kann doch nicht stimmen, was mir da seitens der „Letzten Generation“ erzählt wird. Also „Das, was gebunden wird, das ist so klein, also so wenig, dass das kaum relevant ist.“ Und weiter meint sie „Also der Ausstoß ist ja so hoch […] und das, was gebunden wird, aktuell, ist so wenig, dass es kaum ins Gewicht fällt.“

So wenig kann das doch nicht sein, wenn man davon ausgeht, dass man die Nettoemissionen auf Null reduzieren kann.

Die Aufregung.

Letztes Jahr ist es mir irgendwann zu bunt geworden, mit der „Letzten Generation“, den Klimaklebern, die massiv Kosten im Sicherheitsbereich verursacht und Menschen in ihrer Freiheit eingeschränkt haben. Und auch die Demos der FFF-Jünger, die vielen Schüler, die sich an Freitagen zu Demos hinreissen lassen, teilweise sogar als Projektnachmittag seitens der Schule organisiert, auf jeden Fall von Gruppenzwang innerhalb der Klassen geprägt, haben mich sehr irritiert. Und ich hab mir gedacht – macht doch endlich etwas Sinnvolles, wenn ihr schon den Unterricht „schmeisst“. Und so habe ich online diese kleine Kampagne verbreitet.

Bleib‘ daham, Pflanz‘ an Ba’m.

Ja, eine gute Idee, werden Sie vielleicht sagen. Ist es auch. Zumindest in der Realität.
Wie wir alle in der Schule gelernt haben, nehmen Pflanzen CO2 auf und geben Sauerstoff ab. Also – ja – wissenschaftlich ist das jetzt nicht ganz korrekt. Mithilfe von Licht und Wasser wird das aufgenommene CO2 „umgewandelt“, und zwar in Traubenzucker, O2 wird an die Luft abgegeben und C wird im Baum eingelagert.

Die Formel der Photosynthese lautet:
6 CO2 + 12 H2O + (Sonnen-)Energie wird im Blatt (Chlorophyll) zu C6H12O6 (Traubenzucker) + 6 O2 (Sauerstoff) + 6 H2O (Wasser).

Und so denke ich mir – ja, das ist ja dann ganz einfach: Je mehr Bäume es gibt, umso mehr CO2 kann assimiliert werden, und die Luft ist wieder „super-sauber“. CO2-„Problem“ gelöst. Erledigt. Tja – in der Realität vielleicht schon. Blöderweise fließt das in die die Statistik nicht ein.

Bäume sind egal.

Ja, Sie haben richtig gelesen. Die CO2-Statistik, auf die sich viele Grüne, Umwelt-Aktivisten und diverse NGOs berufen, berücksichtigt nicht, ob da jetzt Bäume oder Wälder vorhanden sind oder nicht. Es ist schlichtweg egal.

Diese 3,5 Milliarden (!) Bäume in den Wäldern von Österreich sind völlig wurscht, weil diese in der Statistik nicht berücksichtigt werden.



Gäbe es in Österreich keinen einzigen Baum,
wäre die Luft viel schlechter,
aber die Zahlen wären die gleichen.

Der Wald in Österreich.

Österreich hat eine Gesamtfläche von 83.883 km2.
38.292 km2 davon sind Wald (3.829.200 Hektar).
Das ist fast die Hälfte der Fläche Österreichs, rund 45,7 Prozent. (Quelle: BEV, Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen, 2022)
In diesen Wäldern stehen rund 3,5 Milliarden (!) Bäume, also ca. 406 Bäume pro Einwohner. (Quelle: WWF)

CO2-Assimilierung durch den Wald.

Jeder Baum nimmt – abhängig von der Art des Baumes, seinem Alter und seiner Grösse, also Masse, unterschiedlich viel CO2 auf. Ein Hektar Wald kann – laut der deutschen „Stiftung Unternehmen Wald“ pro Jahr in etwa 6 Tonnen CO2 assimilieren.

Wenn wir nun von den 38.292 km2 Wald ausgehen, das sind umgerechnet 3.829.200 Hektar, so können cirka 22.975.200 Tonnen CO2 aufgenommen werden. Und da sind die restlichen Bäume, die nicht unter die Kategorie „Wald“ fallen, noch gar nicht berücksichtig; zum Beispiel die Bäume am Strassenrand, in Parks oder jene in unseren Gärten.

Was bringt’s?

Rund 23 Millionen Tonnen CO2 werden alleine nur vom Wald aufgenommen.
2021 wurden 77,532 Millionen Tonnen CO2 Äquivalent als Ausstoß errechnet, davon waren 66,019 Millionen Tonnen CO2 (also ohne Methan, Lachgas und fluorierte Gase).

Das heisst, von diesen 66 Mio Tonnen CO2 können jährlich rund 23 Mio Tonnen CO2 alleine nur von den Bäumen in den Wäldern assimiliert werden. Das sind immerhin knapp 35 Prozent.

Ich finde es sehr befremdlich, dass immer nur vom CO2-Ausstoß die Rede ist, und das auch meist nur als CO2-Äquivalent, und fast nie davon, was assimiliert wird und am Ende noch „netto“ übrig bleibt.

Noch befremdlicher finde ich allerdings die „Letzten Generation“. Zumindest in meinem Gespräch mit der Pressesprecherin konnte ich Wissenslücken feststellen, die wirklich eklatant sind. Also: Wenn ich nichts weiss, bin ich still und höre zu. Aber hier wird etwas gefordert, und man weiss offensichtlich gar nicht, was man selbst fordert, man kennt die Begriffe teilweise nicht und hat noch nicht erfasst, worum es geht.

Die Reise in die Welt der Unwissenheit geht weiter.

Die weiteren Inhalte der Presseaussendung sowie die Aussagen der Pressesprecherin der Letzten Generation zum Thema Niederösterreich, CO2, Brutto- und Nettobilanz, Industrie, Klima, Energie und Wind kommentiere ich in den kommenden Tagen in den Teilen (3) und (4). Vielleicht werden es auch mehr. Und hier geht’s zum 1. Teil. Bleiben Sie dran. Ich lasse nicht locker.


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