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Quelle/Graphik: FOCUS Marketing Research Ges.m.b.H. https://www.focusmr.com

Nationalratswahl 2024. Wo die Parteien werben, und wieviel sie ausgeben.

Ich kann mich noch gut erinnern an meine Zeit als Mediaplanerin. In Jahren, in denen zum Beispiel Nationalratswahlen stattfanden, war es in den Wochen vor dem Wahltermin schwierig, ausreichend Plakatstellen für meine Kunden zu bekommen. Ähnliches spielte sich im Bereich der Printmedien ab, wenn es um eine gute Platzierung der Inserate ging. Vom Fernsehen rede ich erst gar nicht, war doch die tägliche Werbezeit und jene in den einzelnen Werbeblöcken beim ORF (damals gab es noch keine Privatsender im Bereich des Fernsehens) limitiert.

Medienunternehmen haben den zusätzlichen Umsatz durch die Wahlkampfwerbung natürlich in ihren Jahresbudgets, also in den Einnahmeprognosen, berücksichtigt. Man kann auch sagen: in Wahljahren ging es den Medien gut.

Focus Media Research erfasst alle Werbeeinschaltungen der gesamten werbetreibenden Wirtschaft. Es werden im Above The Line Bereich die Mediengattungen Print, TV, Online, Radio, Out of Home (Plakat, Citylight, etc) und Kino erfasst. Im Below The Line Bereich werden die Werbeausgaben für DirectMails, Prospekte und Zeitungsbeilagen erhoben. Als Grundlage für die Ermittlung der Ausgaben dienen die offiziellen Tarife der jeweiligen Medien, brutto, ohne Berücksichtigung von Rabatten.

Wieviel geben die Parteien aktuell für ihre Wahlwerbung aus?

Kurz noch zum besserne Verständnis: hier geht es rein um die Media Spendings, also das, was die Schaltungen in Fernsehen, Radio, Zeitung, etc., kosten. Die Kosten für die Erstellung z.B. von TV- oder Radiospots oder Plakaten, also Druck, Repro, Graphik, Text, Konzeption, Abwicklung usw, sind darin nicht enthalten. Auch haben wir keine Information über Kosten für Flyer oder sonstige Werbemittel, die als Werbung ausserhalb dieser klassischen Medien eingesetzt werden, sowie über Werbegeschenke und ähnliches. Diese werden erst dann bekannt sein, wenn die Meldungen der jeweiligen Parteien an den Rechnungshof erfolgt sind.

Die Media Spendings der wahlwerbenden Parteien haben mich etwas überrascht. Ich dachte, dass stimmenstärkere Parteien weit mehr ausgeben als stimmenschwache. Da habe ich mich wirklich geirrt.

1. Platz für die Grünen mit 2 Millionen Euro.

Mit 2,06 Millionen Euro seit August 2024 liegen die Grünen an der Spitze und hängen alle anderen ab. Die ÖVP, die Platz 2 belegt, hat nur rund die Hälfte ausgegeben. Alle anderen Parteien liegen derzeit unter 1 Million Euro (Quelle: FOCUS Marketing Research Ges.m.b.H. https://www.focusmr.com).

Um das jetzt richtig einordnen zu können, hier einige Vergleichszahlen. Im Jahr 2023 betrugen die Media Spendings in österreichischen Medien insgesamt 6.652 Milliarden Euro. Der Rewe Konzern (Billa, Billa Plus, Penny, Adeg, Bipa, Sutterlüty) alleine verzeichnete rund 220 Millionen Euro an Werbeausgaben, gefolgt von Lutz (XXXLutz, Mömax, Möbelix, usw) mit 210 und Spar (Interspar, Eurospar, Spar, Hervis, usw) mit 192 Millionen Euro. Insofern sind die Werbeausgaben der wahlwerbenden Parteien ja fast Peanuts.

Seit 9 Wochen werden diese Ausgaben für die Wahlwerbung erhoben und sind natürlich stetig angestiegen, je näher der Wahlsonntag rückt. Spannend ist auch die Auswahl der Mediengattungen. Die Grünen stechen da besonders hervor. Sie setzen extrem auf Aussenwerbung, also Plakate, City Lights, usw., und auf Radio. Im Radio sind sie fast alleine, nur die FPÖ hat ein wenig Radiowerbung geschaltet. Das rührt daher, dass die Grünen offenbar fast nur auf die Jugend setzen. Plakat und Radio sind Medien, die man für junge, outdoor-orientierte Zielgruppen einsetzt. Und natürlich auch Werbung im Kino, die bisher nur von den Grünen geschaltet wurde. Was extrem spannend ist, ist, dass die Grünen bisher lediglich 114.000 Euro in Print investiert haben. Leider weiss ich nicht, um welche Print-Titel es sich handelt, aber wenn das alles ist … Ich hätte mir schon gedacht, dass da etwas mehr in diesem Bereich geschaltet wird, vor allem im Standard, wo doch dort redaktionell immer sehr wohlwollend über die Grünen berichtet wird.

Hier der Verlauf über die letzten neun Wochen sowie der Vergleich mit dem Jahr 2019. Wirklich überraschend sind hier wieder einmal die Grünen, die laut dieser Aufbereitung ihre Media Spendings von 2019 auf 2024 von 133.000 auf 2.056.000 Euro erhöht haben. ÖVP, FPÖ und Neos haben ihre Werbeausgaben im Vergleichszeitraum in etwa halbiert, die SPÖ sogar auf 1/4 reduziert.


Mein Erstaunen ist groß.

Ich kann nachvollziehen, dass drei Parteien ihre Media Spendings um 50% reduziert haben, und wahrscheinlich mehr auf den persönlichen Kontakt und andere Werbemittel setzen, die in dieser Statistik nicht erfasst werden. Was ich nicht verstehe, ist die massive Reduktion der SPÖ in diesem Bereich.

Die Grünen überraschen mit einem sehr hohen Budget bei den Media Spendings. Ich sehe dafür zwei Gründe: einerseits hat man vielleicht den persönlichen Kontakt mit der Bevölkerung etwas reduziert, was ich mir durchaus vorstellen kann. Denn: wer will schon immer mit Vorwürfen wegen der oberlehrerhafte Bevormundung der Bevölkerung konfrontiert werden. Und dann ist da noch die Geldverschwendung im Ministerium von Leonore Gewessler. Was auch sein kann, ist, dass man schon seine Felle davonschwimmen sieht und deshalb mehr Geld in die Hand nimmt, um vielleicht doch noch in den 2-stelligen Bereich bei der kommenden Nationalratswahl zu gelangen.

Zur Reduktion der Media Spendings von ÖVP, FPÖ, Neos und vor allem der SPÖ: Zum einen ist es natürlich zu begrüßen, wenn auch Parteien sparsam wirtschaften. Zumal man diese Investitionen nach unternehmerischen Standards durch die Anzahl der Jahre einer Legislaturperiode teilen müsste. Dieser sehr geringe Ansatz der Media Spendings weist aber auf etwas sehr Gefährliches hin: Parteien verzichten zunehmend auf Aktionen, die für den Bürger unmittelbar als Werbung, als legale beabsichtigte Beeinflussung der Wahlentscheidung, erkennbar sind. Man erachtet wohl die Platzierung bekannter Vertreter der Parteien in den unterschiedlichen Formaten möglichst gewogener TV-Kanäle als die effizientere Form des Marketings.

Das ist nach betriebswirtschaftlichen Maßstäben nachvollziehbar. Aus gesellschaftlicher Sicht erfordert dies einen kritischen und urteilsfähigen Bürger. Und natürlich Medien, die zumindest halbwegs nach journalistischen Standards und weniger nach Haltung agieren.

Ich bin sehr gespannt auf das Ergebnis dieser Nationalratswahl und wünsche mir, dass alle von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen. Denn genau das ist die wichtigste Säule der Demokratie, das Recht zu wählen für alle, und dass jede Stimme gleich viel zählt. Und genau das sollten wir alle nutzen.


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Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. C. Schwenniger

    Super Recherche, vielen Dank.

    Zur Frage der vergleichsweise „geringen“ Einschaltungen der Grünen im Printmedienbereich, könnte man noch spekulieren, wieviel von Grünen Ministerien geschaltet wird….
    Honi soit qui mal y pense….😉

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