Oder: Das muss ich nicht wissen. Ich bin ja nur Klima-Aktivist.
Ein Kommentar von Birgit Medlitsch.
Um etwas zu fordern, muss man nichts wissen. Man muss nur so tun.
Wer dabei auch noch laut, lästig, unverfroren und frech ist, scheint zu überzeugen.
Bio-Birgit
Die letzte Generation.
Am 25. Oktober 2023 hat die letzte Generation eine „Protest-Aktion“ in St. Pölten durchgeführt.
Sie hat die Landtagssitzung gestört und das Landhaus mit Farbe angeschüttet.
Die Pressesprecherin der Letzten Generation lässt tief blicken. Ich hatte einige Fragen an sie und habe mich etwas uninformiert gegeben und Fangfragen reingemischt. Was sich dann als Wissensstand mir zeigte, war bescheiden.
Ich habe mich dabei auf eine Reise begeben, die mich noch sehr lange beschäftigen wird.
Die Reise in die Welt der Unwissenheit.
Zum Einstieg frage ich, wozu man die Aktion in St. Pölten „veranstaltet“ hat. Sofort werde ich auf die aktuelle Presseaussendung verwiesen. Das ist mir zu wenig. Also: wozu?
Man hätte zum Klimaschutz und gegen die Ingnoranz der politischen Abgeordneten in der Klimakatastrophe protestiert, meint die Pressesprecherin der Letzten Generation.
Die Presseaussendung.
Das kann alles und nichts bedeuten. Ich frage zu den verschiedenen Teilen der Presseaussendung nach. Darin ist unter anderem zu lesen: „Niederösterreich […] hat gerade im Energiesektor den mit Abstand höchsten CO2-Ausstoß pro Kopf.“.
Wo ich das nachvollziehen kann, möchte ich wissen und werde auf die beiden Links in der Presseaussendung verwiesen. Der eine Link führt zum Klima-Dashboard. Der andere zum Klimarat.
Der Klimarat und die damit verbundene Geldverschwendung sind ja weitgehend bekannt, ich werde noch ausführlich darüber berichten. Es ist interessant, dass die Letzte Generation den Klimarat und dessen „Empfehlungen“ für ihre Zwecke nützt. Das Klima-Dashboard – das ist jetzt auch nichts von einer offiziellen, wissenschaftlichen Stelle, sondern lediglich eine graphische Aufbereitung von Daten auf der Webseite eines Vereins dreier Klimaschützer und „Datenaktivisten“, nämlich Adrian Hiss, Cedric Carr und David Jablonski. Viele der Teammitglieder sind eng mit Fridays for Future verbunden.
Aber ja. Hauptsache, man hat halt Quellen, die man zitieren kann, und deren Bezeichnung irgendwie wichtig klingt.
CO2-Ausstoß pro Kopf.
Ich komme zurück zum CO2-Ausstoß und frage nach, ob dieser berechnet oder gemessen wird (ich weiss es, ich frag halt mal …).
Die Pressesprecherin beantwortet meine Frage nicht und verweist mich wieder auf ihre Quelle: das Klima-Dashboard. Ich lasse aber nicht locker, woraufhin sie meint „Ich glaube, die Frage ist nicht bei Klima-Aktivistinnen gut aufgehoben, sondern bei Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die das hauptberuflich machen.“
Ich tue meine Verwunderung darüber kund, dass sie diese Frage nicht beantworten kann, wo sie doch so vehement eine Reduktion des CO2-Ausstoßes fordert. Daraufhin meint sie, sie wisse es nicht im Detail, wie der CO2-Ausstoß gemessen wird, hätte aber eine grobe Idee. Und wieder verweist sie mich an das Klima-Dashboard.
Der CO2-Ausstoß wird berechnet, nicht gemessen!
Viele von Ihnen, die das jetzt lesen, werden es schon wissen: Die Emissionen, also der CO2-Ausstoß, werden natürlich nicht gemessen.
Die Emissionen werden berechnet.
Die Pressesprecherin der letzten Generation weiss das offenbar nicht.
Emissionskategorien.
In der Statistik werden die verschiedenen Verursacherfaktoren erhoben und in Emissionskategorien eingeteilt. Hier ein kurzer Überblick.
Energie
Kalorische Kraftwerke (ohne Abfallverbrennung),
Raffinerie, Energieeinsatz bei Erdöl und Erdgasgewinnung,
Emissionen von Pipeline-Kompressoren,
Kohle-, Erdgas- und Erdölförderung und Verteilung – flüchtige Emissionen.
Industrie
Pyrogene Emissionen der Industrie,
Prozessemissionen der Industrie,
Offroad-Geräte der Industrie (Baumaschinen etc.),
CO2– und N2O-Emissionen aus dem Lösemitteleinsatz und anderer Pro-duktverwendung (z. B. Einsatz von N2O für medizinische Zwecke).
Verkehr
Straßenverkehr (inkl. Emissionen aus Kraftstoffexport),
Bahnverkehr, Schifffahrt, Flugverkehr (national),
Militärische Flug- und Fahrzeuge.
Gebäude
Heizungsanlagen privater Haushalte, privater und öffentlicher Dienstleister und von (Klein-) Gewerbe,
Mobile Geräte privater Haushalte, mobile Geräte sonstiger Dienstleister.
Landwirtschaft
Verdauungsbedingte Emissionen des Viehs,
Emissionen des Wirtschaftsdüngermanagements,
Düngung mit organischem und mineralischem Stickstoff- und Harnstoff-dünger,
Offene Verbrennung von Pflanzenresten am Feld,
Land- und forstwirtschaftliche mobile und stationäre Geräte,
Kalken von landwirtschaftlichen Flächen (CO2),
Harnstoffanwendung (CO2),
Anwendung von Kalkammonsalpeter (KAS) (CO2)
Abfallwirtschaft
Abfalldeponien,
Abfallverbrennung (inkl. Abfallverbrennung in Energieanlagen),
Kompostierung und mechanisch-biologische Abfallbehandlung,
Abfallvergärung (Biogasanlagen mit Abfalleinsatz),
Abwasserbehandlung und -entsorgung.
Fluorierte Gase
Fluorierte Gase der Industrie (Elektronische Industrie, Substitution von ozonschädigenden Substanzen).
Emissionen aus dem Strassenverkehr.
Ein schönes Beispiel sind die Emissionen durch PKWs, LKWs, Motorräder und Busse. Die Basis für deren Berechnung sind die Verkaufszahlen von Kraftstoff. Ja, gut, werden Sie sagen. Da tanke ich in Kärnten und fahr nach Italien. Wo zählt das dann? Das zählt dort, wo Sie getankt haben. In Österreich, also genau gesagt in Kärnten. Eine Fahrt von Niederösterreich nach Salzburg, bei der ich in Wien tanke, verursacht dann in der Statkistik auch nur Emissionen in Wien. Niederösterreich, Oberösterreich und Salzburg bekommen davon nichts in ihre Emissionsstatistik. Wenn jemand in Tschechien tankt, zum Beispiel in Breclav, und nach Wien fährt und wieder retour nach Breclav, zählt das in Tschechien und nicht in Österreich.
Die Berechnung.
In die Berechnung fließen nicht nur CO2 sondern auch jene Treibhausgase ein, von denen man behauptet, dass sie klimawirksam sind.
- Kohlendioxid (CO2)
- Methan (CH4)
- Lachgas (N2O)
- fluorierte Gase (F-Gase).
Damit man zu einer einheitlichen Meßgröße kommt, hat man das „CO2-Äquivalent“ ins Leben gerufen. Das heisst, das CO2, von dem wir zumeist in den Medien lesen, ist nicht nur Kohlendioxid, sondern es ist das „CO2-Äquivalent“ gemeint.
Das CO2-Äquivalent.
Die klimawirksamen Gase werden in CO2-Äquivalente umgerechnet. So wird Methan mit einem Faktor von 28 in einem „CO2-Äquivalent“ ausgedrückt, Lachgas mit Faktor 265. Das heisst: 1 kg Methan entspricht 28 kg CO2-Äquivalent, 1 kg Lachgas entspricht 265 kg CO2-Äquivalent.
Zurück zur Presseaussendung.
Da hiess es unter anderem „Niederösterreich […] hat gerade im Energiesektor den mit Abstand höchsten CO2-Ausstoß pro Kopf.“
Tja, kann man da nur sagen. Da war doch was in Niederösterreich. Genau.
Die Raffinerie in Schwechat.
Wenn man nämlich weiss, dass sich die einzige Raffinerie Österreichs in Schwechat befindet, und dass Schwechat in Niederösterreich liegt, hat man sofort eine Erklärung dafür, und muss nicht sinnbefreit eine CO2-Reduktion im Energiebereich fordern. Denn rund 69 Prozent des CO2-Ausstoßes im Bereich Energie kann man der Raffinerie in Schwechat zurechnen. Dazu kommen dann zum Beispiel noch die Bohrungen nach Erdgas im Weinviertel, und so weiter.
Der CO2-Ausstoß in Niederösterreich beträgt 16,14 Mio Tonnen pro Jahr, davon entfallen 3,75 Mio Tonnen auf den Bereich der Energie.
16% des gesamten CO2-Austoßes in Niederösterreich „verursacht“ die Raffinerie Schwechat. Das sind 2,58 Mio Tonnen pro Jahr, also knapp 69 Prozent des CO2-Ausstoßes im Bereich der Energie in Niederösterreich.
Ja, denk ich mir. Dann sperren wir sie halt zu, die Raffinerie in Schwechat. Da haben wir gleich einmal 2,58 Mio Tonnen „eingespart“. Alles kein Problem. Zumindest nicht für die Agitatoren von der letzten Generation, wie es scheint.
Wenn man Niederösterreich nicht kennt, wenn man ganz offenbar nichts über dieses Bundesland weiss, sollte man sich auch nicht anmaßen darüber zu urteilen oder gar etwas zu fordern.
Wenn die Dame dieser Organisation nicht nur auf irgendwelche Quellen verweisen würde, sondern sich mit diesen auch eingehend befassen würde, dann hätte sie den gleichen Wissensstand wie ich. Und dann könnte sie auch mitreden und würde eventuell ernst genommen werden.
Es reicht nämlich nicht, das Klima-Dashboard der drei „Datenaktivisten“ und Klimaschützer Adrian Hiss, Cedric Carr und David Jablonski sowie deren Teammitglieder, die zumeist Aktivisten von Fridays for Future sind, anzusehen und darauf zu verweisen. Man muss Österreich schon kennen, sich mit der Infrastruktur der einzelnen Bundesländer beschäftigen und am besten auch die 320 Seiten der Bundesländer Luftschadstoff-Inventur 1990-2019 des Umweltbundesamtes lesen.
Aber man kann sich natürlich darüber echauffieren, dass Niederösterreich im Bereich der Energie den höchsten CO2-Ausstoß pro Einwohner hat. Kann man. Ja. Ich würd’s aber nicht empfehlen.
Die Reise in die Welt der Unwissenheit geht weiter.
Die weiteren Inhalte der Presseaussendung sowie die Aussagen der Pressesprecherin der Letzten Generation zum Thema Niederösterreich, CO2, Brutto- und Nettobilanz, Industrie, Klima, Energie und Wind kommentiere ich in den kommenden Tagen in den Teilen (2) bis (4). Vielleicht werden es auch mehr.
Bleiben Sie dran. Ich lasse nicht locker.
Hier geht es zu Teil 2.
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Vielen Dank! Das ist wirklich KLARTEXT, im Gegensatz zu den haarsträubenden Dummheiten der Klimaflagellanten, die vernünftigen Menschen erklären wollen, wie sie zu leben hätten.
Ich freue mich schon sehr auf die Fortsetzung! 😊👏
Toller Beitrag!!👍👍
Ich freue mich auf die Fortsetzung
Also…
gut informiert ist die eine Seite.
Danke dafür.
Generelles Problem ist natürlich andererseits der gedankenlose Umgang mit Ressourcen bzw. Energie, sowohl auf Seiten der Erzeuger als auch der Nutzer.
Die Menschheit ist gut beraten, wenn sie mehr hinterfragt und sich selbst gegenüber kritischer ist.
Wir leben nämlich oftmals auf eine Art in den Tag hinein, als ginge alles endlos so weiter.
Mitnichten, wie ich fürchte…
Sehr gelungen auf den Punkt gebracht, Birgit!