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Wer stoppt Ministerin Gewessler?

Ein Interview mit Dr. Friedrich Rödler.
Mit einem Kommentar von Birgit Medlitsch.

2 Millionen für den Klimarat, zig Milliarden für den Klimabonus und das Drumherum, die von den Einnahmen aus der CO2-Steuer laut Berechnungen des Wifo nicht abgedeckt werden, der vorgeschobene und wissenschaftlich begleitete – manche meinen gelenkte – Klimarat mit seinen teilweisen abstrusen Vorschlägen wie einer CO2-Steuer von 240 Euro pro Tonne, was einen Liter-Preis von rund 3 Euro für Diesel und Benzin bedeuten würde, das Verbot von Inlandsflügen, aber man selbst fliegt gerne und oft, während man Erdgasgewinnung in Österreich nicht so gerne sieht, ist Flüssigerdgas (LNG) aus Abu Dhabi aber ganz okay, ganz aktuell die Ausgaben für das Magazin des Klima- und Energiefonds, und immer wieder die Belehrungen der Bürger zum Thema Kochen, Heizen und so weiter, dazu noch erkennbare Ansätze für eine angestrebte „Umerziehung der Bevölkerung“, die man ganz wunderbar umschreibt mit einem notwendigen Erreichen von „Lenkungseffekten“.

Alles für’s Klima.
Alles für die Umwelt.
Egal, was es kostet.
Und – so scheint es – nicht wirklich zu Ende gedacht.

Alles dafür, damit alles nicht nur schön bleibt sondern noch viel schöner wird, wie im Bilderbuch, und wir in einem Österreich leben, das mit Blumenwiesen übersät ist, auf welchen extrem viele Insekten leben, während viele Menschen in Österreich nicht mehr wissen, wovon sie leben sollen.

Denn Industrie scheint unerwünscht zu sein, und Unternehmertum im Produktionsbereich wird von Tag zu Tag weniger rentabel. Dafür muss man auch nicht mehr viel tun. Die hohen Kosten für Energie alleine reichen schon für die Deindustrialisierung Österreichs. Auch kleine Händler geben auf. Und von den Folgen für die Landwirtschaft brauchen wir gar nicht mehr zu reden. Die Liste wird länger und füllt sich mit Insolvenzen. Die Preisspirale dreht sich, und zwar nicht nach unten. Aber gut, dass es demnächst viele grüne Jobs gibt. Und es sollen noch mehr werden. Die brauchen wir: für die „Klima-Umerziehung“ jener bösen Bürger, die noch immer mit dem Auto fahren wollen.

Harald Vilimsky, Abgeordneter zum Europäischen Parlament, fasst es zusammen und schreibt auf Twitter:

„Der Wahnsinn ist Grün. Und auf unsere Kosten.“

Bei mir regt sich schon länger der Eindruck, die Ministerin meint mit Geld so umgehen zu können, wie es ihr genehm ist. So als würde sie für irgendein NGO arbeiten, welches Spendengelder nützt zur Erreichung der gesetzten Ziele.

Nur: Das sind keine Spendengelder, die man da verwendet, im Ministerium. Das ist kein Geld, das jemand freiwillig hergegeben hat.

Das ist Geld vom Staat, aus dem Staatsbudget. Und dieses Budget wird von den Bürgern gespeist, hauptsächlich in Form von Steuern, Abgaben und Sozialbeiträgen, entstanden aus der Arbeits-Leistung der Bürger. Von freiwilliger Abgabe an Ministerin Gewessler sind wir da meilenweit entfernt. Wer will ihr denn überhaupt freiwillig irgendetwas geben?

Sehr viele schauen zu. Viele wundern oder ärgern sich, aber irgendwie tut niemand etwas dagegen.

Und da fragen sich schon viele: wie kann das sein, das mit diesem Geld herumgeworfen wird, so als wäre es nichts. Eine Million da, eine Million dort, und schon sind ein paar Millionen fort. Und warum stoppt das niemand? Ja – kann das überhaupt jemand stoppen? Und wenn ja, wer?

Einer der bedeutendsten österreichischen Nationalökonomen, Univ. Prof. Dr. jur. Erich Wolfgang Streissler, schrieb einst in einem Artikel:

„Es gibt keine Fee, die goldene Taler vom Himmel wirft.“

Genau. Und deshalb muss jeder, der Macht über öffentliche Gelder hat, mit diesen ordentlich haushalten, also sparsam damit umgehen. Das gilt für einen Bürgermeister genauso wie für einen Minister.

Aber wer überprüft das? Und was ist, wenn sich bei der Prüfung herausstellt, dass dieses Gebot nicht eingehalten wurde? Welche Konsequenzen hat das? Ja – hat das denn überhaupt Konsequenzen?

Der Rechnungshof.

„Der Rechnungshof ist ein unabhängiges Organ der öffentlichen Finanzkontrolle für Bund, Bundesländer und Gemeinden. Der Rechnungshof überprüft, ob die durch die Budgets zur Verfügung gestellten Mittel sparsam, wirtschaftlich und zweckmäßig eingesetzt werden.“ liest man auf Webseite des Rechnungshofs.

Und was passiert, wenn der Rechnungshof feststellt, dass diesem Grundsatz nicht entsprochen wird?

Hierzu habe ich Dr. Friedrich Rödler, der ausgewiesener Experte in diesem Bereich ist, interviewt.

klartexxt: Herr Dr. Rödler, Sie waren viele Jahre im Rechnungshof tätig, zuletzt als stellvertretender Sektionschef.
Wen darf der Rechnungshof prüfen, und wer entscheidet, ob und wann geprüft wird? Wie erfolgt die „Initialzündung“ zur Prüfung?

Dr. Rödler: Verkürzt gesagt: der RH darf jeden Steuer-Euro prüfen, von der Einhebung bis zur tatsächlichen Verwendung. Im Allgemeinen entscheidet der Rechnungshof selbst, wann er wen prüft.

klartexxt: Soweit ich das verstanden habe, prüft der Rechnungshof, erstellt einen Bericht und spricht darin Empfehlungen aus und regt Verbesserungen an. War’s das dann?

Dr. Rödler: Der leider viel zu früh verstorbene Kabarettist Hans-Peter Heinzl hat einmal gemeint, ein Fotokopierer für Berichte wäre billiger als der Rechnungshof. Der traurige Kern der spitzzüngigen Bemerkung: seit seiner Gründung im Jahr 1762 prangert der Rechnungshof Verschwendung und Mißwirtschaft an, über Jahrhunderte „always the same“.

klartexxt: Und es gibt keinerlei Konsequenzen für die Verantwortlichen?

Dr. Rödler: Leider produziert eine Rechnungshof-Prüfung beim Überprüften oft nur einen Schwall neuer interner Ordnungs-Vorschriften, die sich an die „Kleinen“ richten“ – die „Großen“, also meist die verantwortlichen Politiker, bleiben (bis auf ganz weniger Ausnahmen) ungeschoren. Hängt mit unserem System zusammen, dass die Regierung die Parlamentsmehrheit hinter sich weiß, es aber für die Entfernung eines Politikers eben diese Parlamentsmehrheit bräuchte.

klartexxt: Ist das nicht etwas zahnlos? Das ist ja wie in der Schule. Man prüft, und wenn das Ergebnis schlecht ist, sagt man: schau, dass Du es das nächste Mal besser machst. Bemüh‘ Dich.

Dr. Rödler: Im Ergebnis ist es so.

klartexxt: Hat es jemals Bestrebungen gegeben, die Kompetenzen des Rechnungshofes auszuweiten?

Dr. Rödler: Immer wieder, teils artfremde bzw sinnlose, teils auch erfolgreiche. Und der Rechnungshof hat das stets genützt, um neues Personal zu fordern. Aber die Wirksamkeit des Rechnungshofes hängt im Kern nicht mit seinen Kompetenzen oder seinem Personalstand, sondern mit dem echten politischen Willen zur Veränderung bzw. Verbesserung zusammen.

klartexxt: Das heisst, es gibt niemanden, der stellvertretend für die Republik sagt: „Es war ja ganz nett mit Dir, aber so, wie Du mit dem Geld umgehst, das halte ich nicht mehr aus. Ich wünsch Dir alles Gute.“?

Dr. Rödler: Es gibt den Wähler, der alle vier bis fünf Jahre sein Zeugnis über das bisher Geschehene ausstellt.

klartexxt: Was ist eigentlich mit dem Finanzminister? Kann dieser Ausgaben der einzelnen Ministerien stoppen?

Dr. Rödler: Größere Ausgaben bedürfen des Einvernehmens mit dem Finanzminister.
Aber im Zweifel rangiert der Koalitionsfriede höher als das sachlich Gebotene.

klartexxt: Was kann ich denn jetzt als Bürger machen, also ausser mich ärgern? Kann ich mich irgendwo beschweren? Bei der Finanzprokuratur vielleicht? Oder dort Klage einbringen, weil ich mich durch die Republik, ein Ministerium ist ja Teil dieser Republik, geschädigt fühle?

Dr. Rödler: Ja, ärgern können Sie sich allemal, und das leider immer mehr und immer öfter. Ändern können Sie nur mit Wahlen, indem sie jener Partei ihre Stimme geben, von der sie den bestmöglichen Umgang mit Steuergeld erwarten.
Die Finanzprokuratur darf man in diesem Zusammenhang nicht überbewerten, sie ist nur Ansprechstelle, wenn Sie als Person ganz konkret durch ein schuldhaftes und rechtswidriges Verhalten einer Behörde einen unmittelbaren Schaden erlitten haben. Verschwendung per se fällt im nicht unter die Amtshaftung.

klartexxt: So, wie es sich mir jetzt darstellt, kann jemand, der Minister ist, machen, was er will.

Dr. Rödler: Politisch kann ein Minister machen, was politisch – insbesondere im Rahmen einer Koalition – möglich ist. Ich persönlich habe den Eindruck, dass derzeit der kleinere Koalitionspartner die Spielregeln diktiert.

klartexxt: Wie ist das eigentlich mit dem Geld, das von einem Ministerium ausgegeben wird? Im Fall der BMK hat es in der Vergangenheit sehr oft Aufregung gegeben darüber, wieviel Geld für bestimmte Dinge ausgegeben wurde. Gibt es da ein Budget für jedes Ministerium oder wie ist das?

Dr. Rödler: Gibt es ein Budget, ist Geld vorhanden. Ist Geld vorhanden, wird es ausgegeben. Die Verwendung des Geldes fällt unter die Ministerverantwortlichkeit. Aber mir ist aus den letzten Jahrzehnten keine Ministeranklage in Erinnerung.

klartexxt: Und wie kann es sein, dass zum Beispiel das BMK die Höhe des Klimabonus festlegt, der Nationalrat bei der Höhe kein Mitspracherecht hat, das Geld für den Klimabonus aber vom Bund kommt?

Dr. Rödler: Die Parlamentsmehrheit bestimmt, wie eng oder weit die Vorgaben des Gesetzgebers an die Verwaltung (und damit an den Minister als Verwaltungsspitze) sind. Machen wir uns nichts vor: die Gesetzesentwürfe werden in den Ministerien geschrieben, und kein Minister will kurze Leine. Eine Parlamentsmehrheit, die sich irrigerweise als Diener der Regierung versteht, wird das abnicken und dem Gesetzesentwurf, also letztlich dem Wunsch des Ministers, zustimmen. Aber so hat sich Kelsen, der Schöpfer unserer Bundesverfassung, das Verhältnis zwischen Legislative und Exekutive nicht vorgestellt.

klartexxt: Ich bedanke mich herzlich für das Interview und Ihre Expertise.




Bild: privat.

Zur Person:

Der Jurist Dr. Friedrich Rödler (*1954) war vorerst in der Finanzverwaltung tätig, war 1978 – 2001 Mitglied des Rechnungshofes, von 2001 – 2005 Generalsekretär des (heutigen) BMK und von 2005 – 2015 Präsident des österreichischen Patentamtes.

Seit 2017 ist Rödler Unternehmer, von 2018 – 2023 war er zudem Mitglied des Universitätsrates der Universität Wien.


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