Und der Käfer stört.
Ein grünes Märchen von Birgit Medlitsch.
Wenn sie so aussehen wie auf dem Bild, die Zuckerrüben, freuen wir uns.
Wir sind Biobauern.
Und es ist nicht immer einfach.
Denn vieles, was konventionelle Bauern „dürfen“, ist uns verwehrt. Vor allem dann, wenn es darum geht unsere Kulturen am Acker zu pflegen und zu schützen: gegen Unkraut, Krankheiten, Pilze oder tierische Schädlinge.
Wenn es nach den Grünen, Sarah Wiener und Aktivisten diverser NGOs geht, werden bald auch in der konventionellen Landwirtschaft viele Pflanzenschutzmittel verboten werden. Viele Schutzmaßnahmen können dann nicht mehr genauso wie in der Vergangenheit oder nicht mehr so effektiv durchgeführt werden. Aktuell zum Beispiel das Verbot der Neonicotinoide, die besonders beim Zuckerrübenbau wichtig sind, weil sie dem Derbrüssler den Garaus machen.
Das mag alles so schön klingen: keine Chemie, manche sprechen sogar von Gift. So wie eine meiner früheren Kundinnen. Übrigens: alles ist Chemie. Auch Kupfer und Schwefel „ist Chemie“.
Die Beschwerde.
„Bah, wos do die Bauern oiwei mochn. Oiwei ockan und dann sterbn de Würma, de Regnwürma. Und des Spritzn. Die vüle Chemie, und des mit’m Glyphosat – so geht des nimma weida.“ Das konnte sich die Bio-Bäuerin von einer Kundin im Ab-Hof-Verkauf anhören.
Die Bäuerin.
„Naja, bio allanig geht net. Do konnst die gonzn Leit auf da Wöt net danährn. Da Baua foat jo net gean mit da Spritzn aussi. Der hätt a liaba sei Ruah und wü a ka Göd ausgebn für’d Mittl und für’n Diesl. Dea warat a liaba daham und dadat liaba an Schweinsbrotn essn. Mit Kraut und Knedl. Oba, wonnst wos eantn wüst, muasst a wos tuan, gegn’d Käfa und’n Püz und de gonzn Kronkheitn.“
Die restliche Diskussion erspare ich Ihnen. Weil – ja – die Bäuerin hätte die Kundin am liebsten „aussighaut“. Die Expertise der Bäuerin war der Kundin nämlich egal. Eigentlich hat die gar nicht richtig zugehört.
Die Natur.
Es verging eine Weile, und es kam die Zeit vor Ostern. In der Karwoche, nach dem Frühjahrsvollmond, säen die Bauern im nordöstlichen Niederösterreich die Zuckerrüben. Und dann vergeht eine Weile, und die Bauern warten. Sie warten auf Regen und Wärme, damit der Aufgang der Saat beschleunigt wird. Das dauert meist 8 Tage. Und dann warten sie auf nasses und kühles Wetter, weil dann der Derbrüssler nicht so wahrscheinlich und auch nicht in so grosser Menge auftritt. Das ist ein Rüsselkäfer, der von Feld zu Feld „wandert“ und die Blätter der ganz kleinen, jungen Zuckerrüben abfrisst. Die Rüben können dann nicht mehr wachsen. Ihr Leben ist vorbei. Und so hoffen die Bauern Tag für Tag, dass es diesmal ein gutes Jahr wird, und die Zuckerrüben vom Derbrüssler verschont werden.
Der Anruf.
Zum dritten Mal klingelt schon das Telephon. Diesmal hat die Bäuerin es g’rade noch geschafft.
Am anderen Ende war die Kundin, mit der sie vor wenigen Wochen ausführlich diskutiert hatte.
„Heans, des is a Wonsinn. Auf meina Fassad san lauta Viecha.“
Die Bäuerin war recht ratlos: „Wos is los? Auf wöchana Fassad?“
„No bei mia daham. Do neba dem Ocka von eich.“
„Wöchan Ocka manans?“
„No dea mit de Ruabn. Do san lauta Viecha! So Käfa san des.
Heans, i siach die Maua scho nimma!
Jetzt wollt i’s oba kean, mit’m Besn, und jetzt is d’Maua gonz schwoaz.“
Die Invasion.
Jetzt verstand die Bäuerin, worum es ging. Der Derbrüssler war da. Die Wanderung hat begonnen. Ist der Derbrüssler mit einem Acker fertig, also hat er ihn kahl gefressen, sucht er den nächsten. Bei seiner Wanderung ist er offenbar auf die Hausfassade der Anruferin gelangt.
Die Bäuerin.
„Jo, heans, des is bled. Oba do miassan’s jetzn woatn. Des is da Derbrüssler. Wissen’s, dea wondat von an Oacka zum nächstn. Und jetzt is a hoit do. Dea woit sicha vom Edi seim Ocka zu unsam umi. Do woa eam hoit Eana Haus im Weg. Do ko ma nix mochn. Jetza diafan jo mia nix tuan gegen den Käfa, ka Chemie und so. Net woa? Weg’n die Grünen und so. Sie san jo a dagegn, homs ma letztns dazöhlt, oiso gegn die Chemie.“
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