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Die Scharia in Österreich oder die unrühmliche Rolle des ÖVP-Langzeitfunktionärs Juraczka.

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In den letzten Tagen wurde in der Presse darüber berichtet, dass ein Gerichtsurteil bestätigt hat, dass die Scharia in Österreich in bestimmten Fällen, genauer in zivilrechtlichen Schiedsgerichtsverfahren, als Rechtssystem zur Anwendung gelangen kann. Das hat auf X zu Diskussionen geführt und auch ich habe mich – wie immer in ruhigen, abwägenden und wohlgesetzten Worten, wie jeder sofort weiß, der mich kennt – an diesen Unterhaltungen beteiligt. Was mich an dieser Diskussion allerdings fast noch mehr aufgeregt hat – mich, die ich ansonsten stets völlig in mir ruhe – war, wie sich Manfred Juraczka, auf X aktiv als @JuraczkaM, ein langjähriger Multifunktionär der ÖVP, Abgeordneter zum Wiener Landtag und Gemeinderat sowie ehemaliger 3. Wiener Landtagspräsident, beteiligt hat. Also nicht, dass er sich beteiligt hat. Das an sich wäre ja sehr wünschenswert gewesen.

Ein Funktionär der ÖVP, der Partei, die sich stets als Hüter unseres kulturellen Erbes gibt, als unermüdlicher Kämpfer für die Bewahrung unserer konservativen und bürgerlichen Werte, dass ein solch engagierter Verfechter des Wählerwillens der wirklichen demokratischen Mitte sich zu Wort meldet, das an sich wäre ja fast beruhigend gewesen.

Okay, da ist mit dem Gerichtsurteil vielleicht etwas aus dem Ruder gelaufen, hätte er sagen können. Aber die ÖVP wird das wieder richten. Problem erkannt, Problem gebannt. Also nicht direkt sofort, aber durch den weiteren selbstlosen Einsatz der ÖVP im Parlament. Denn da werden ja die Gesetze gemacht. Gerichte legen sie nur aus und wenden sie an. Und der Herr Juraczka, ein nach eigener Darstellung wertekonservativer Mann, mitte-rechts, sogar mit Anstand, wie er von sich selbst behauptet, wäre dafür doch geeignet wie kaum ein anderer. Hat er doch auch Publizistik und Politikwissenschaften studiert und verfügt mit seinem Mag. phil. gar über einen echten akademischen Titel, den er sogar im Ausland führen darf, was nicht einmal bei jedem Regierungsmitglied der Fall ist.

Meister Eder und sein Pumuckl.

Aber was macht der gute Herr Juraczka? Genau – er wiegelt ab, er beschwichtigt, er streitet ab, dass es überhaupt ein Problem wäre, das mit der Scharia in Österreich. Insofern agiert er aber natürlich wie die ÖVP als Gesamtpartei an sich. Er ist also ein guter Parteifunktionär. Man gibt sich bürgerlich, konservativ, sogar ein bissl rechts, also nicht richtig rechts natürlich, das wäre ja bäh und das ist ja der FPÖ vorbehalten. Aber mitte-rechts halt. Das schreit man dann auch laut im Wahlkampf, um möglichst viele Stimmen zu bekommen von Wählern, die das wirklich sind. Und ein paar Stimmen aus diesem Lager werden sie schon noch bekommen. Nicht mehr so viele wie früher, als die ÖVP wirklich bürgerlich, konservativ, sogar ein bissl rechts war. Aber ein paar halt.

Beim Pumuckl heißt es, also der Meister Eder hat das gesagt, es muss auch Deppen geben. Aber damit die nicht allweil mehra werden, wie der Meister Eder sagt, muss man den Leuten sagen, was wirklich Sache ist. Und weil die ÖVP das nicht macht, dann mache eben ich das. Der Herr Juraczka, der Politikwissenschaftler, nach eigener Einschätzung bürgerlich, konservativ, sogar ein bissl rechts, er hätte ja auch sagen können, Oida, das ist nicht gut, da müssen wir gegensteuern. Ein einheitlicher gemeinsamer Rechtsraum ist eine Kernaufgabe des Staates. Wir müssen jede Paralleljustiz im Ansatz verhindern, so wie das sogar die Piefkes machen. Sonst gibt es noch mehr Parallelgesellschaften und das ist nicht gut. Auch angesichts der Zahlen, dass etwa in Wien Dreiviertel der Schüler muslimisch sind. Wenn wir die integrieren wollen, müssen wir die in unserem Wertesystem einbinden. Und mit der Scharia geht das nicht.

Warum kompliziert, wenn es auch einfach geht?

Aber das sagt er nicht, der Herr Juraczka. Vielmehr wiegelt er ab, er beschwichtigt, er streitet ab, dass es überhaupt ein Problem gäbe. Er führt dazu jetzt nicht viel selbst aus. Gut, das ist auch eine komplexe Materie und als solche nicht jedermanns Sache. Er zitiert dafür einen Link als vermeintlichen Beweis, dass alles nicht so schlimm ist. Dieser führt zu Gerhard Jarosch, auf X zu finden unter @GerhardJarosch. Herr Jarosch ist ein sehr gescheiter Mann, Strafrechtler ist er sogar und ein richtiger Staatsanwalt war er früher. Und der Herr Jarosch sagt, nein, nein, das mit der Scharia in Österreich, das ist kein richtiges Problem. Genauer sagt er: „Die Scharia ist also nicht allgemein in Österreich anwendbar, sondern nur wenn zwei Streitparteien sich das einbilden (…). Und all das gilt natürlich nicht im Strafrecht, da gilt immer nur österreichische Recht.“

Da hat er natürlich recht, der Herr Jarosch. Sozusagen in seinem Garten, im Strafrecht, gilt das nicht. Aber das ist noch lange kein Grund, dieses Problem kleinzureden. Ich kann mir auch vorstellen, dass der Herr Jarosch gar nicht glücklich ist damit, sozusagen als personifiziertes Beweismittel missbraucht zu werden, um das politische Versagen der ÖVP in dieser Angelegenheit zu vertuschen. Denn Herr Jarosch ist ein gebildeter Mann, der sicher auch über seinen Zaun, das Strafrecht, schaut und sich überlegt, was dieses Gerichtsurteil wohl anzurichten im Stande ist in unserer Gesellschaft.

Wie auch immer, ich bin es leid, der ÖVP ihre Tricksereien durchgehen zu lassen. Sich bürgerlich geben und sich am Ausverkauf unserer Werte zu beteiligen, dem Bürger Sand in die Augen zu streuen und von oben herab abzukanzeln, wie dies der Herr Juraczka mit mir versucht hat, das reicht mir jetzt.

Und ich habe mit Unterstützung geholt mit dem Vau-Peh.

Der ist manchmal noch ein bissl ungestüm, er sagt von sich selber, er ist der Bullshit-Detektor für die ÖVP.

Ich würde das natürlich so nie sagen. Aber wenn der Vau-Peh etwas findet, vielleicht auch von meinen Followern auf etwas hingewiesen wird, wo die ÖVP sich am Ausverkauf unserer Werte beteiligt und nach außen, genau, abwiegelt, beschwichtigt und abstreitet, dass überhaupt ein Problem existiert, gibt’s Zunder.

Eine erste Kostprobe kriegt jetzt der Herr Juraczka ab. Und das aus gutem Grund.

Weil, gestern habe ich mich mit Balder Gullveig unterhalten, den viele ja schon kennen aus anderen Artikeln und Interviews mit mir. Ich habe ihn gefragt, wie ist das denn aus Ihrer Sicht zu bewerten, dass in Österreich jetzt gerichtlich bestätigt die Scharia bei zivilrechtlichen Schiedsverfahren als Rechtssystem zugelassen ist? Und da wurde er auf einmal ganz ruhig. Vorher hat er noch gelacht und war fröhlich. Dann aber hat er ganz konzentriert in sein Bierglas geschaut und gesagt: Das ist nicht gut. Das ist sogar schlecht, sehr schlecht. Und dann habe ich gesagt, jetzt schreiben Sie das sofort auf, warum das schlecht ist, damit das jeder weiß. Und dann fragen wir den Herrn Juraczka, ob er das auch weiß und bei seiner Aussage bleibt. Lesen Sie nun, was Politikwissenschaftler @Balder Gullveig dazu sagt.

Über die Notwendigkeit eines einheitlichen Rechtsraums in Österreich.

Die Sicherstellung eines einheitlichen Rechtsraums stellt eine fundamentale Voraussetzung für die Existenz und Funktionsfähigkeit eines modernen Staates dar. Aus politikwissenschaftlicher Perspektive ist der Rechtsstaat als institutionalisierte Ordnung, die auf einheitlichen Normen und Werten basiert, das zentrale Instrument zur Regulierung sozialer, wirtschaftlicher und politischer Verhältnisse innerhalb einer souveränen Gemeinschaft. Ein einheitlicher Rechtsraum gewährleistet nicht nur die Gleichheit vor dem Gesetz – ein Prinzip, das seit der Aufklärung als Grundpfeiler demokratischer Gesellschaften gilt -, sondern auch die Kohärenz und Vorhersehbarkeit rechtlicher Entscheidungen, die für die Stabilität und Legitimität staatlicher Autorität unerlässlich sind. Die Einführung oder Duldung paralleler Rechtssysteme, insbesondere im Kontext von Paralleljustiz und Parallelgesellschaften, stellt eine gravierende Herausforderung für diesen einheitlichen Rechtsraum dar und untergräbt die grundlegenden Prinzipien des Staates als einheitlicher Rechts- und Machtträger.

Die Bedeutung eines einheitlichen Rechtsraums.

Der Staat als Träger der Monopolstellung legitimer Gewalt – wie von Max Weber definiert – basiert auf der Idee, dass ein einheitliches Rechtssystem die einzig gültige normative Grundlage für die Konfliktlösung und die Durchsetzung von Rechten und Pflichten innerhalb seines Hoheitsgebiets darstellt. Diese Einheitlichkeit ermöglicht es, eine gemeinsame Rechtskultur zu etablieren, die über kulturelle, religiöse oder ethnische Differenzen hinweg eine verbindliche Orientierung bietet. Ohne diese Einheitlichkeit droht die Fragmentierung der Gesellschaft in isolierte Gruppen, die eigene Rechtsvorstellungen pflegen, was die Autorität des Staates und die soziale Kohäsion gefährdet.

Historisch gesehen hatten Staaten, die eine solche Einheitlichkeit nicht durchsetzen konnten – etwa im Falle von feudalen Strukturen oder kolonialen Rechtssystemen mit parallelen Ordnungen –, mit Instabilität und Legitimationsverlust zu kämpfen. Ein einheitlicher Rechtsraum ist somit nicht nur eine technische Notwendigkeit, sondern ein Ausdruck der staatlichen Souveränität und der Fähigkeit, eine homogene Wertebasis zu sichern.

Paralleljustiz und Parallelgesellschaften als Bedrohung.

Die Entstehung von Paralleljustiz und Parallelgesellschaften stellt eine direkte Herausforderung für diesen einheitlichen Rechtsraum dar. Der Begriff Paralleljustiz bezeichnet die informelle Anwendung von Rechtsnormen, die außerhalb des staatlichen Systems operieren, etwa durch religiöse Schiedsgerichte oder Stammesräte. Parallelgesellschaften hingegen beschreiben soziale Gruppen, die sich durch eine Abkehr von den dominanten normativen Strukturen des Staates auszeichnen und eigene soziale, kulturelle oder rechtliche Ordnungen etablieren. Beide Phänomene sind eng miteinander verknüpft, da eine Paralleljustiz oft als Ausdruck und Verstärker von Parallelgesellschaften fungiert. Beispiele hierfür finden sich in der Diskussion um Scharia-Gerichte in westlichen Ländern oder die informellen Streitbeilegungsmechanismen in migrantischen Gemeinschaften. Solche Strukturen führen dazu, dass bestimmte Bevölkerungsgruppen dem staatlichen Rechtssystem entzogen werden, was die Gleichbehandlung aller Bürger untergräbt und die Gefahr einer Segmentierung der Gesellschaft birgt. Aus politikwissenschaftlicher Sicht schwächen Paralleljustiz und Parallelgesellschaften die staatliche Autorität, da sie das Gewaltmonopol des Staates herausfordern. Rechtswissenschaftlich gesehen verletzen sie den Grundsatz der Rechtsgleichheit, da nicht alle Bürger den gleichen rechtlichen Schutz und dieselben Verfahren genießen. Insbesondere in Bereichen wie Familienrecht oder Streitbeilegung, wo religiöse oder kulturelle Normen oft Vorrang beanspruchen, können Diskriminierung und Ungleichheit entstehen – etwa durch die Benachteiligung von Frauen in Scharia-basierten Verfahren. Dies widerspricht nicht nur den universalistischen Prinzipien moderner Verfassungsstaaten, sondern gefährdet auch die soziale Integration, indem es Gräben zwischen Mehrheitsgesellschaft und Minderheiten vertieft.

Zivilrechtliche Schiedsverfahren und die Problematik eines zweiten Rechtssystems.

Auch im Bereich zivilrechtlicher Schiedsverfahren stellt die Zulassung eines zweiten Rechtssystems eine kritische Herausforderung dar. Schiedsverfahren bieten die Möglichkeit, Streitigkeiten außerhalb staatlicher Gerichte zu klären, wobei die Parteien vereinbaren können, welches Recht angewendet wird. Die Anwendung nicht-staatlicher Rechtsnormen, etwa der Scharia, in solchen Verfahren ist jedoch kein bloßes technisches Detail, sondern ein rechtspositivistischer Fehlakt von erheblicher Tragweite.

Der Rechtspositivismus, der das staatliche Recht als alleinige Quelle verbindlicher Normen ansieht, steht in direktem Widerspruch zur Idee, dass ein nicht-staatliches System wie die Scharia in einem zivilrechtlichen Kontext Geltung erlangen könnte. Die Scharia als religiöses und kulturelles Rechtssystem ist keine kodifizierte Rechtsordnung im Sinne des modernen Staates, sondern basiert auf interpretativen Traditionen, die von individuellen Gelehrten oder Gemeinschaften abhängen. Ihre Anwendung in Schiedsverfahren führt daher zwangsläufig zu einer Fragmentierung des Rechtsraums und stellt die Souveränität des Staates infrage.

Dieser Fehlakt verstößt nicht nur gegen den Begriff des Staates an sich, der auf der Einheitlichkeit und Monopolstellung des Rechts beruht, sondern auch gegen die homogene Werte- und Normenbasis, die ein Staat als gemeinschaftsstiftendes Element benötigt. Insbesondere dort, wo Scharia-Normen mit grundlegenden Rechts- und Verfassungsnormen kollidieren – etwa bei der ungleichen Behandlung von Geschlechtern oder der Anerkennung polygamer Ehen –, wird die Rechtsordnung zutiefst destabilisiert.
Die Duldung eines zweiten Rechtssystems in zivilrechtlichen Schiedsverfahren impliziert eine Relativierung des staatlichen Rechts, das als Ausdruck der Volkssouveränität und der demokratischen Gesetzgebung verstanden werden muss. Dies führt zu einer Erosion der Rechtsstaatlichkeit, da die Autorität des Gesetzgebers und der Gerichte untergraben wird, sobald private oder religiöse Instanzen alternative Normen durchsetzen dürfen.

Rechtspositivistische Kritik und verfassungsrechtliche Implikationen.

Aus einer rechtspositivistischen Perspektive, die das positive Recht als alleinige Grundlage legitimer Normen betrachtet, ist die Zulassung eines zweiten Rechtssystems in Schiedsverfahren ein unverzeihlicher Bruch mit der staatlichen Rechtsordnung. Hans Kelsen, der bedeutendste österreichische Rechts- und Staatswissenschaftler des 20. Jahrhunderts und maßgebliche Vertreter dieser Schule, betonte, dass die Gültigkeit einer Norm allein aus ihrer Setzung durch die staatliche Autorität abzuleiten ist.

Die Einführung Scharia-basierter oder anderer nicht-staatlicher Rechtsnormen in Schiedsverfahren stellt eine Abkehr von dieser Grundannahme dar, da sie eine konkurrierende Rechtsquelle etabliert, die nicht der Kontrolle des Staates unterliegt. Dies führt zu einer rechtlichen Willkür, da die Anwendung solcher Normen von der subjektiven Auslegung der beteiligten Parteien oder Schiedsrichter abhängt, anstatt von einer einheitlichen und transparenten Gesetzgebung. Verfassungsrechtlich gesehen verletzt dies zudem die Rechtsstaatsprinzipien, die auf der Herrschaft des Gesetzes und der Unabhängigkeit der Justiz basieren, da private Schiedsverfahren mit nicht-staatlichen Normen die staatliche Kontrolle über die Rechtsdurchsetzung umgehen.

Politische und ideologische Einordnung.

Für einen konservativen Politiker kann die Duldung eines solchen Systems keine Option darstellen, da sie die nationale Souveränität und die Kompetenz der nationalen Gesetzgeber unterminiert. Die konservative Ideologie, wie diese auch von der ÖVP vorgeblich vertreten wird, betont traditionell die Einheit des Staates, die Stärkung staatlicher Institutionen und die Wahrung einer gemeinsamen kulturellen Identität, die durch ein einheitliches Rechtssystems gestützt wird. Die Akzeptanz paralleler Rechtsräume würde diese Prinzipien zunichtemachen und den Staat in eine bloße Schiedsinstanz zwischen konkurrierenden Normensystemen degradieren. Dies würde nicht nur die Fähigkeit des Staates schwächen, seine Bürger gleich zu behandeln, sondern auch die Grundlage für nationale Einheit und Stabilität gefährden. Ganz im Gegensatz dazu verfolgen linksliberale Parteien häufig Konzepte, die eine gewisse Flexibilität oder Pluralität im Rechtsraum befürworten. Dies lässt sich auf ihre ideologische Ausrichtung zurückführen, die kulturelle Diversität und individuelle Autonomie über die Einheit des Staates, ja den Nationalstaat an sich stellt. Solche Ansätze, etwa die Förderung multikultureller Rechtspraktiken, mögen aus der Perspektive des Multikulturalismus als Ausdruck von Toleranz und Inklusion erscheinen. Jedoch ignorieren sie die strukturellen Gefahren, die mit der Fragmentierung des Rechtsraums verbunden sind.

Die Duldung von Paralleljustiz und die Anerkennung nicht-staatlicher Normen in Schiedsverfahren werden damit zu einem Instrument, das die Autorität des Staates zugunsten privater oder religiöser Interessen schwächt. Diese Entwicklung steht im Widerspruch zur historischen Entwicklung des modernen Staates, der sich gerade durch die Überwindung mittelalterlicher Rechtspluralismen und die Etablierung eines zentralisierten Rechtssystems auszeichnet.

Schlussfolgerung für die Programmatik konservativer Parteien.

Die Gewährleistung eines einheitlichen Rechtsraums ist daher nicht nur eine juristische, sondern auch eine politische Notwendigkeit, um die Souveränität des Staates, die Gleichheit der Bürger und die soziale Kohäsion zu sichern. Die Zulassung eines zweiten Rechtssystems, selbst in zivilrechtlichen Schiedsverfahren, stellt einen rechtspositivistischen Fehlakt dar, der gegen den Kern des Staates als einheitlicher Rechts- und Machtträger verstößt.

Paralleljustiz und Parallelgesellschaften, die durch solche Entwicklungen gefördert werden, gefährden die Integrität der Rechtsordnung und führen zu einer Spaltung der Gesellschaft in getrennte normative Sphären. Für konservative Politiker, die die nationale Souveränität und die Kompetenz der nationalen Gesetzgeber verteidigen, ist die Ablehnung solcher Konzepte zwingend. Die Befürwortung durch linksliberale Kreise hingegen spiegelt eine ideologische Präferenz für kulturellen Pluralismus wider, die jedoch die langfristigen Risiken für den Rechtsstaat und die gesellschaftliche Einheit übersehen.

Eine Rückbesinnung auf die Prinzipien eines einheitlichen Rechtsraums bleibt daher unerlässlich, um die Grundlagen des modernen Staates zu bewahren. Eine Partei, die der Zulassung eines zweiten Rechtssystems, wie gezeigt eben selbst auch in zivilrechtlichen Schiedsverfahren, nicht aktiv entgegentritt oder diese zumindest duldet, ist im Kern nicht konservativ. Die Akzeptanz paralleler Rechtssysteme mit der unvermeidbaren Folge von Parallelgesellschaften und ein konservative Programmatik schließen sich vielmehr gegenseitig aus.

Ich bedanke mich sehr herzlich bei Politikwissenschaftler @BalderGullveig für seine Expertise zu diesem Thema.

So. Jetzt bin ich gespannt auf Meinungen und Kommentare.


Und nicht vergessen, der Vau-Peh (@VauPeh_X) freut sich auf Follower auf X und auch auf Tipps, wo es etwas zu kommentieren gibt – bei der ÖVP.


Erste Reaktionen und anschließende Diskussionen.

Die Langversion.

Reaktion von Manfred Juraczka.

Eine Reaktion in dieser Tonalität habe ich von einem Langzeitpolitiker der ÖVP nicht erwartet. Das ist sehr interessant. Vor allem auch deshalb, weil es mit der Materie nichts zu tun hat. Er geht nur ad hominem. Das kenne ich sonst von Usern, die keinerlei Expertise haben. Ich bin doch etwas fassungslos. Da spricht jemand von einem Unvermögen meinerseits und schafft es nicht auf den Inhalt und die juristische Expertise einzugehen. Das bestätigt mich jetzt auch in der Entscheidung, diesen Kommentar und die wissenschaftlichen Ausführungen von @BalderGullveig hier veröffentlicht zu haben. War doch schon die vorangegangene „Unterhaltung“ mit Manfred Juraczka nicht wirklich erquicklich und auch jemandem wie ihm, der bis vor kurzem noch 3. Wiener Landtagspräsident war, nicht wirklich würdig. Aber gut. Man kann das ja bei zukünftigen Wahlen berücksichtigen.

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Andrea Koch

    💪 und danke für! An Euch beide.
    Spannendes Futter.
    Sehr sauber und klar argumentiert. Gerade der Fokus auf den einheitlichen Rechtsraum als Grundvoraussetzung für einen Staat ist bestechend – da wird ohne Schaum vorm Mund, sondern nüchtern erklärt, warum es eben nicht egal ist, ob in zivilrechtlichen Schiedsverfahren „frei gewählte“ Rechtsnormen gelten dürfen. Und genau das macht die Sache auch so brisant: es ist nicht bloß eine juristische Feinheit, sondern geht ans Fundament des Staatsverständnisses.
    Dass Juraczka hier beschwichtigt, passt ins Bild: die ÖVP lebt ja seit Jahren vom Doppelspiel „konservativ auftreten, liberal verwässern“. Balder zeigt, warum das gerade bei Rechtsfragen nicht nur ein bisschen Symbolpolitik ist, sondern zu echten Rissen im Fundament führen kann.
    Mein Eindruck:
    Das Problem ist nicht nur Scharia, sondern die Logik des Parallelrechts an sich. Heute Scharia, morgen Stammesrecht, übermorgen Vereinsordnungen – wo zieht man die Grenze?
    Dass ein erfahrener ÖVP-Mann das abwiegelt, wirkt wie ein Paradebeispiel für den von Birgit kritisierten „Ausverkauf konservativer Werte“.
    Und Balder Gullveig erklärt glasklar, warum ein Staat nur mit einem einheitlichen Rechtsraum bestehen kann. Aber wenn selbst Politikwissenschafter erklären müssen, warum ein Staat nur EIN Rechtssystem haben darf, dann ist was faul. Und zwar nicht im Koran, sondern im Parlament. Dass wir in Österreich ernsthaft darüber diskutieren müssen, ob Scharia in Schiedsverfahren Platz hat, ist erschreckend – nicht, weil man Religion bekämpfen will, sondern weil man das Fundament des Rechtsstaats verteidigen muss. Dass ÖVP-Funktionäre (sich selbst ja gern als Hüter konservativer Werte feiernd) hier abwiegeln, ist nicht ‚bürgerlich‘, sondern fahrlässig.
    Ein Schlag ins Fundament unseres Rechtsstaats. , das zeigt: Werte kann man auch verscherbeln. Parallelgesellschaften gibt’s gratis obendrauf

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