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Tut’s nicht streiten.

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Warum die ÖVP nur einsteckt und nicht „zurückschlägt.“

Ma, wie oft hab ich das gehört.
„Tut’s nicht streiten.“
„Vertragt’s euch.“
„Der Gescheitere gibt nach.“

Gesagt hat’s der Opa.
Er ist 1927 geboren.
Er hat viel erlebt.
Er hat oft von der Zeit erzählt, als die Russen hier im Ort waren, nach dem Krieg. Davon, wie er für die Russen hat arbeiten müssen, besonders für den einen, der auf einer Hand 6 Finger hatte.
Ja, er hat viel erlebt.
Und er möchte einfach nur Ruhe und Frieden.

Mir war’s wurscht.
Ich hab‘ weiter gestritten.
Ich hab‘ nicht nachgegeben.
Niemals.
Auch heute noch nicht.
Ich lasse mir nichts gefallen.
Ich bin wild.
Eine wilde Frau.
Eine wilde Bäuerin.

Werfen wir einen kurzen Blick zurück.
Das hilft uns vielleicht zu verstehen, warum das passiert, was gerade passiert.

15. Oktober 2017. Die SPÖ in Schockstarre.
Ein Tag für die ÖVP. Ein Tag, an dem die SPÖ verloren hat. Ein Tag, an dem schon feststand, mit der SPÖ wird die ÖVP keine Regierung bilden, denn dem Spitzenkandidaten der SPÖ war der Vizekanzler-Posten offensichtlich nicht genehm. Und so kam es, dass die SPÖ nach 10 Jahren nicht nur den Kanzlerposten los war, sondern auch die Regierungsrolle gegen die Oppositionsrolle tauschen mußte.

Eine Katastrophe für die SPÖ.
Wer einmal an der Macht ist, tut sich schwer, die Macht abzugeben. Man kann doch nicht zusehen, wie sich jetzt die anderen überall breit machen, in den Ministerien, den Institutionen, den Schlüsselunternehmen. Überall. Hatte man doch selbst die eigenen Leute überall untergebracht und „versorgt“. Natürlich möchte man die Macht zurück. .

Die Lösung.
Die Lösung wurde der SPÖ am Silbertablett serviert. Die Videos aus Ibiza. Und nicht nur Strache ging, sondern es wurde auch verlangt, dass Kickl als Innenminister zu gehen hatte: von der Opposition. Inwieweit Bundespräsident van der Bellen hier Druck gemacht hat, bleibt weiter im Unklaren.
Aber dann ging’s erst richtig los. Kurz soll gehen. Dann soll die Regierung gehen. Ein Expertenkabinett muss her. Die SPÖ fordert und fordert. Und sie bekommt das auch. Und noch mehr:

Neuwahlen.
Die SPÖ rechnet mit einem Sieg. Es kann doch nicht alles umsonst gewesen sein. All die Bemühungen. Das Volk müsse doch verstanden haben, dass die SPÖ ja nur das Beste möchte, ja, genau, sie, die SPÖ, möchte das Volk retten. Und damit das Volk das wirklich versteht, nennt sie sich jetzt „Die Sozialdemokratie“. Das ist ein langes Wort. Nicht alle verstehen es, aber es hat Gewicht. So geht Marketing.

29. September 2019. Ein Desaster für die SPÖ.
Die Volkspartei kann massiv dazugewinnen. Sie erhöht von 31,5 auf 37,5 Prozent der Stimmen.
Der absolute Verlierer ist die SPÖ mit einem Rückgang von 26,9 auf 21,2 Prozent der Stimmen.

Wie konnte das geschehen?
Viele hatten sich von der SPÖ abgewandt, weil sie den Eindruck hatten, dass diese Streit anzettelt.
Man konnte noch verstehen, dass Strache ging. Mancher auch, dass Kickl gehen mußte. Aber Kurz? Und die gesamte Regierung? Das war schwierig. Vor allem deshalb, weil die Forderungen der SPÖ immer nach und nach kamen. Eine Forderung wurde erfüllt, schon kam die nächste.

Dazu kommt: man möchte nicht, dass gestritten wird. Man möchte, dass gearbeitet wird. Weil: man bezahlt ja dafür in Form von Steuern. Und wenn die Opposition die Regierung von ihrer Arbeit abhält, indem sie ihre Zeitressourcen bindet, wird es schwierig. Abgesehen davon, dass man auch von der Opposition ordentliche Arbeit erwartet und nicht nur ständiges Hick-Hack.

Das zeigt sich auch in der Wählerstromanalyse des Instituts Sora zur Nationalratswahl 2019.

Von jenen, die 2017 die ÖVP gewählt haben, haben 2019 86% wieder die ÖVP gewählt.
Von jenen, die 2017 die SPÖ gewählt hatten, haben 2019 nur 68% wieder die SPÖ gewählt. 5% der SPÖ-Wähler von 2017 haben sich 2019 sogar für die ÖVP entschieden.

Was nun? Die Macht muss wieder her.
Man beginnt, einzelne Proponenten der ÖVP und Personen, die der ÖVP nahestehen, schlecht zu machen. Einen nach dem anderen „nimmt man sich vor“. Man unternimmt alles, damit sie „aus dem Spiel“ genommen werden. Dazu sind die veröffentlichen Chatprotokolle ganz nützlich, die auf ungeklärtem und illegalem Weg an einzelne Medien und dann an die Öffentlichkeit gelangt sind.

Auch einzelne Aussagen von ÖVP-Politikern, die bereits Jahre her sind, werden nun veröffentlicht und von Mandataren der SPÖ breitgetreten. Man arbeitet sich daran ab, und zwar auf sehr emotionale, primitive Art und Weise. Man tut so, als würde man sich mit dem Österreichischen Volk solidarisieren und für das gesamte Volk sprechen, indem man zum Beispiel von Mikl-Leitner eine „Entschuldigung bei allen“ fordert. Hier erwartet man sich, dass das Volk denkt: „Ui, die Sozialdemokratie, die sind ja so korrekt. Die möchten ja vermitteln, zwischen der „bösen“ Mikl-Leitner und uns. Weil – die muss sich schon bei uns entschuldigen. Und zwar ordentlich.

Nur blöd, dass es das nicht „spielt“.
So denken die Österreicher nicht. Sorry, SPÖ.

Viele fragen sich nämlich bereits, warum die ÖVP nicht darauf reagiert. Und zwar nicht in Form einer Entschuldigung, um den eigenartigen Wunsch der SPÖ, speziell von Frau Rendi-Wagner und Herrn Schnabl, zu erfüllen, sondern in Form von „es reicht“ und jetzt reden wir. Man hat das Gefühl, die ÖVP befände sich in einer Art Schockstarre.

Für mich sieht es so aus, als würde die ÖVP warten, bis sich die Wogen etwas glätten, um dann später in ganz sachlicher und beruhigender Manier aufzuklären. Würde sie nämlich jetzt genauso auf die SPÖ „hinhauen“ wie diese auf die ÖVP „losgeht“, also in der gleichen Art und Weise reagieren, würde das als aggressives Verhalten gewertet werden und nicht gut beim potentiellen Wähler ankommen.

Im Augenblick ist Besonnenheit gefragt.
Das Signal ist:
Wir streiten nicht.
Wir haben wichtigeres zu tun.
Wir arbeiten.
Für Österreich.

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